
Der Reichsverweser Erzherzog Johann appelliert mit seinem „Aufruf an das badische Volk“, angesichts der gegen Baden aufmarschierenden Truppen aufzugeben, Juni 1849, Quelle: BArch, DB 52/27/51
Juni 1849
Die Nationalversammlung war angesichts der Bedrohung durch die um Frankfurt zusammengezogenen preußischen und österreichischen Truppen nach Württemberg ausgewichen. Bei ihrer ersten Sitzung in der Ständekammer in Stuttgart am 6. Juni 1849 kamen noch 104 Abgeordnete zusammen. Überwiegend gehörten sie zu den demokratischen Fraktionen Donnersberg und Deutscher Hof. Dazu kamen einige Linksliberale und Fraktionslose. Mit dem in Frankfurt verbliebenen Reichsverweser Erzherzog Johann und der Reichsregierung stand die Nationalversammlung nun in einem offenen Konflikt: Beide Seiten sprachen sich die Legitimation ab. Der Versuch der Nationalversammlung, den württembergischen König zum Reichsstatthalter zu ernennen, scheiterte am Widerstand des Königs. Dieser hatte den Umzug der Parlamentarier nach Stuttgart ohnehin nur wiederwillig geduldet.
Nun beschloss die Nationalversammlung, Reichsverweser Johann und seine Regierung abzusetzen und durch eine fünfköpfige Reichsregentschaft zu ersetzen. Allerdings fehlten dem ernannten Regentschaftsrat jedwede Machtmittel oder Einflussmöglichkeiten. Angesichts unverhohlener Drohungen mit dem Einsatz preußischer oder Bundestruppen auf württembergischen Boden, ging nun auch die württembergische Regierung gegen die Nationalversammlung vor. Am 18. Juni 1849 hinderten württembergische Soldaten die verbliebenen Abgeordneten mit gezogenen Waffen am Zusammentreten. Am Folgetag wurden alle nicht aus Württemberg stammenden Abgeordneten ausgewiesen. Das war das Ende der Nationalversammlung, die ein Jahr und einen Monat zuvor in Frankfurt mit so großen Erwartungen zusammengetreten war. Einige Abgeordnete erwogen, die Nationalversammlung ins badische Karlsruhe zu verlegen. Doch militärische Ereignisse machten auch diese letzte Hoffnung zunichte.
Die gegen das revolutionäre Baden und die Pfalz aufmarschierenden Truppen – Bundestruppen verschiedener Einzelstaaten sowie bayrische und vor allem preußische Verbände – griffen zuerst die Pfalz an. Die einmarschierenden preußischen Truppen wurden von dem künftigen preußischen König und deutschen Kaiser Wilhelm I. befehligt, der seit den Berliner Barrikadenkämpfen im Vorjahr den Spitznamen „Kartätschenprinz“ erhalten hatte. Gegen den an Zahl, Ausbildung und Ausrüstung weit überlegenem Gegner hatten die pfälzischen Revolutionäre unter Oberbefehl von Franz Snayde keine Chance, trotz Unterstützungsversuchen aus Baden. Der Feldzug dauerte kaum länger als eine Woche. Am 14. Juni musste die provisorische pfälzische Regierung fliehen. Bis zum 19. Juni 1849 hatten sich die letzten Freischärler Richtung Baden zurückgezogen.
In Baden hatte sich am 1. Juni 1849 eine provisorische demokratische Regierung unter Lorenz Brentano gebildet. Die Regierung war liberal-konservativ geprägt und sah sich bald der Kritik radikaler Demokraten wie Gustav Struve gegenüber. Der von diesem am 5. Juni gegründete „Klub des entschiedenen Fortschritts“ forderten umfassende revolutionäre Maßnahmen und ein offensiveres Vorgehen zur Verteidigung und Verbreitung der Revolution. Brentano ließ Struve und andere radikale Demokraten verhaften, die jedoch schon bald wieder auf freien Fuß gesetzt wurden.
Am 10. Juni trat die eine Woche zuvor gewählte badische verfassungsgebende Versammlung zusammen. Zum ersten Mal war in Deutschland ein Parlament nach allgemeinem, gleichem, direktem und geheimem (Männer-)Wahlrecht gewählt worden. Die meisten Abgeordneten waren gemäßigte Demokraten. Allerdings wurden die Beratungen des Parlamentes vom Angriff der preußischen und verbündeten Truppen auf Baden überschattet.
Gegen Baden waren starke Kräfte aufmarschiert, vor allem zwei preußische Armeekorps unter Wilhelm I. und das von dem preußischen General und Reichskriegsminister Eugen Peucker kommandierte Neckar-Korps, das aus Verbänden verschiedener deutscher Staaten bestand. Ihnen gegenüber standen ein Großteil der ehemals großherzoglich badischen Armee, örtliche Bürgerwehren und Freiwilligenverbände sowie zahlreiche aus der Pfalz und von anderen niedergeschlagenen Aufständen nach Baden geflüchtete Revolutionäre. Dazu kamen aus dem französischen und schweizerischen Exil zurückgekehrte politische Flüchtlinge und Freiwillige aus anderen europäischen Ländern. Dennoch waren die Verteidiger deutlich unterlegen, besonders was ihre Ausrüstung, Ausbildung und Organisation anging. Die Revolutionsarmee wurde von dem polnischen Revolutionsgeneral Ludwik Mierosławski geführt. Er hatte unter anderem im Kampf gegen die russische Armee und auf Seiten der italienischen Nationalbewegung Kampferfahrung gesammelt.
Nach anfänglichen badischen Abwehrerfolgen, besonders gegen Peuckers Neckar-Korps, gelang es den Preußen am 20. Juni, den Rhein zu überqueren. Die zuerst wechselhaft verlaufende Schlacht bei Waghäusel am Folgetag endete mit einem preußischen Sieg, der der Moral der Revolutionsarmee einen schweren Schlag versetzte. Nur ein Teil der Verteidiger konnte sich geordnet zurückziehen. Die provisorische Regierung floh aus Karlsruhe über Rastatt und Offenburg nach Freiburg. Mierosławski gelang es, der drohenden Einkesselung durch überlegene Einheiten zu umgehen. Bei Rastatt formierte er seine Truppen neu und baute an der Murg eine letzte Verteidigungslinie auf. Doch als diese durch preußische Truppen umgangen wurde, die über neutrales württembergisches Gebiet vorrückten, brach die Verteidigung nach erbitterten Kämpfen am 29./30. Juni 1849 zusammen. Ein Großteil der Revolutionsarmee floh nach Süden. Etwa 6.000 Kämpferinnen und Kämpfer verschanzten sich in der Bundesfestung Rastatt, die am 30. Juni 1849 von den preußischen Truppen eingeschlossen wurde.