Direkt zum Seiteninhalt springen
Das Bild zeigt eine Menschenmenge vor dem Warenhaus Tietz. Rechts und Links vom Eingang sind Angebotsschilder für Fleischwaren angebracht. In der Bildmitte schaut ein Man mit Fedora und Schnauzer in die Kamera.

Menschenmenge vor dem Warenhaus Tietz am Alexanderplatz in Berlin, März 1933, Quelle: BArch, Bild 102-02923A / Pahl, Georg

„Arisierung“ und sonstige Formen des Entzugs jüdischen Vermögens im Nationalsozialismus

Auf dieser Seite finden Sie Hinweise zur Recherche in den Beständen des Bundesarchivs zur „Arisierung“ und anderen Formen der wirtschaftlichen Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung zur Zeit des Nationalsozialismus.

Zum Inhalt springen

Einführende Informationen

Die „Arisierung“ und sonstige wirtschaftliche Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung im Deutschen Reich zu Zeiten des nationalsozialistischen Regimes ist hauptsächlich in Akten dokumentiert, die Behörden auf regionaler und kommunaler Ebene produziert haben. Dieses Schriftgut befindet sich heute in den zuständigen Staatsarchiven der Bundesländer sowie in den Stadt- oder Kreisarchiven, darunter: Steuerunterlagen der Finanzämter, Grundbücher und die Überlieferung der Oberfinanzpräsidenten. Schwer- und Ausgangspunkt von Recherchen sollten daher zunächst die regionalen Archive sein.

Im Bundesarchiv sind relativ wenige Akten über Einzelfälle der „Arisierung“ überliefert. In seinen Beständen sind jedoch wichtige Erlasse und anderes normative Schriftgut, nicht zuletzt Dokumentation zur Vermögensentziehung in den besetzten Gebieten Europas zu finden.

Detaillierte Informationen finden Sie im Beitrag von Karola Wagner über „Die an der Vermögensentziehung im Deutschen Reich ab 1938 in erster Linie beteiligten Behörden und Einrichtungen des Wirtschafts- und Finanzbereichs und ihre archivische Überlieferung im Bundesarchiv“.

Viele Archivalien können Sie bereits digitalisiert online über das Recherchesystem invenio auf der Internetseite des Bundesarchivs abrufen, darunter die Akten über die „Behandlung von dem Reich verfallenen Vermögenswerten“ im Bestand R 2 (Reichsfinanzministerium). Dabei handelt es sich um 28 vollständig digitalisierte Archivalieneinheiten unter dem Klassifikationspunkt 10.5.1.

Karola Wagner und Sabine Dumschat

Das Plakat ist in Rot und Schwarz gehalten und zeigt den Reichsadler. Darunter steht "Deutsches Geschäft".
Vom Gau Rheinpfalz des Kampfbundes des gewerblichen Mittelstandes herausgegebenes Plakat (1933)Quelle: BArch, Plak 003-020-008 / F. Arbogast, Otterbach

Quellen im Bundesarchiv

Einzelfälle

Die wichtigen Unterlagen der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten (OFP) Berlin, die für das gesamte Reichsgebiet zuständig gewesen ist, sind im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam zugänglich, darunter auch die Gesamtkartei über jüdische Vermögen. Im Bestand R 2107 Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg.- Außenstelle für feindliches Vermögen im Bundesarchiv können Recherchen ebenfalls sinnvoll sein. Abhängig ist dies vom Zeitpunkt der Arisierung: Sofern sich jüdische Eigentümer 1940/41 im Ausland befanden und das Eigentum noch nicht arisiert war, könnten die nach der Verordnung zur Anmeldung feindlichen Vermögens entstandenen „Anmeldebögen“ im Bestand R 2107 überliefert sein.

Im Bestand R 2 (Reichsfinanzministerium) zu finden sind Einzelfälle der Judenvermögensabgabe („Steuersteckbriefe“ – R 2/21980-21983, 31803).

Im Bestand R 2501 (Deutsche Reichsbank) des Bundesarchivs sind folgende Einzelfälle dokumentiert:

  • Jüdische Depotsinhaber (R 2501/20218)
  • Jüdische Wertpapierinhaber (R 2501/20218)
  • Jüdische Auswanderersperrkonten (R 2501/22501)

Recherchen zu den genannten Einzelfallakten der Bestände R 2, R 2107 und R 2501 können anhand von Ihnen eingereichter Namenslisten ausschließlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesarchivs durchgeführt werden. Bitte beachten Sie, dass Ihnen hierbei Kosten entstehen können (siehe Gebührenverordnung).

Personenbezogenes

„Opfer“ der Arisierung

Zu den Opfern der Arisierungen ist eine Recherche im Online-Gedenkbuch „Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945“ auf der Internetseite des Bundesarchivs möglich.

Ergänzend kann eine schriftliche Anfrage beim Bundesarchiv zwecks Prüfung der Datenbank Liste der jüdischen Einwohner im Deutschen Reich 1933 – 1945 in den Grenzen vom 31.12.1937 (PDF, 155 KB, Datei ist nicht barrierefrei ⁄ barrierearm)“ („Residentenliste“) sinnvoll sein. Diese zur Prüfung von Entschädigungsansprüchen jüdischer Versicherungsnehmer/innen entwickelte Datenbank wird laufend aktualisiert.

Mehrere „Verfolgtenkarteien“ können bislang nur intern recherchiert werden. Auch hierzu können schriftliche Anfragen eingereicht werden.

Täter

Zu den Tätern sind Recherchen im Bundesarchiv unbedingt sinnvoll: Neben den personenbezogenen Sammlungen des Berlin Document Centers inklusive der digitalisierten NSDAP-Mitgliederkartei und dem NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR kommen auch Personalakten in den Beständen der Wirtschafts-, Innen- und Justizverwaltung in Frage.

Zum Thema Wiedergutmachung sind diverse Bestände der Abteilung Bundesrepublik relevant. Zur Orientierung kann neben invenio  das im Archivportal Deutschland neu freigeschaltete Themenportal „Wiedergutmachung“ dienen.

Weitere Quellen in anderen Archiven

  • Staatsarchive der deutschen Bundesländer
  • Kommunale Archive (Stadt-/Kreisarchive)
  • Rückerstattungsarchiv des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen. Mit Abgaben von Akten an die zuständigen Staatsarchive ist in nächster Zeit zu rechnen.
  • Arolsen Archives des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes
  • Archive der KZ-Gedenkstätten
  • Gedenkstätte Yad Vashem, Israel
  • Wirtchaftsarchive
  • „Sonderarchiv“ Moskau
  • Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen.

Weiterführende Downloads und Links

Im Online-Katalog der Bibliothek des Bundesarchivs finden Sie Bibliographien zum Thema:

  • Bibliotheksbrief 1,1-2020: NS Raubgut (1): Enteignung und „Arisierung“ 1933-1945: Auswahl aus den Beständen, Berlin 2020
  • Bibliotheksbrief 1,2-2020: NS Raubgut (2): Provenienzforschung: Rückgabe und Entschädigung: Auswahl aus den Beständen, Berlin 2020.

Weiterführende Beiträge:

  • Menschenmenge auf einer Straßenkreuzung vor einem Geschäft, dessen Schaufenster mit Plakaten beklebt ist.
    Rechercheleitfaden

    „Judenboykott“ am 1. April 1933

    Auf dieser Seite finden Sie eine Übersicht über wichtige Archivalien des Bundesarchivs zum NS-Boykott gegen jüdische Geschäfte.