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Die Trümmerstätte nach den ersten Aufräumarbeiten am 9.11.

Die Trümmerstätte im Münchener Bürgerbräukeller nach den ersten Aufräumarbeiten am 9.11., Quelle: BArch, Bild 183-E12329 / Wagner

Johann Georg Elser und das Attentat im Bürgerbräukeller in München am 8. November 1939

Das Bundesarchiv verwahrt mit den Protokollen der polizeilichen Verhöre von Georg Elser die zentrale Quelle zum Attentat im Münchner Bürgerbräukeller. Darüber hinaus macht es weitere Archivalien zugänglich, welche die Ereignisse und ihre Nachwirkungen dokumentieren.

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Ermittlungen

Von besonderer Relevanz für das Verständnis der Vorgeschichte und des Ablaufs des Attentats sind die Protokolle der polizeilichen Vernehmung Elsers zum Sprengstoffanschlag im November 1939. Sie sind in einer Akte des Reichsjustizministeriums überliefert: R 3001/23100.

Diese Akte umfasst ferner: das Ermittlungsergebnis des Reichspatentamts, 1939-1940, und "Fünf mißglückte Mordversuche des Otto Strasser".- Der Kriminalfall Elser (Übersetzung aus dem Schwedischen), 1942. Die Vernehmungsprotokolle wurden, ihrer Bedeutung entsprechend, bereits mehrfach ediert.

Auf Geheiß Hitlers durfte sich die Justiz in den Fall Elser nicht einmischen. Eine weitere Akte des Reichsjustizministeriums (R 3001/24087) enthält die Anordnung zur Aussetzung der gerichtlichen Verhandlung gegen Georg Elser. Im Bestand „Volksgerichtshof“ ist eine weitere Akte zu finden (R 3016/105), in der dieser Vorgang dokumentiert ist.

Eine im Bestand der Einwandererzentralstelle (EWZ) Litzmannstadt überlieferte Akte (R 69/430, Images 1-16) enthält eine Meldung des Verbindungsführers Swinemünde der EWZ Nordost, Nebenstelle Stettin, SS-Obersturmführer Empter, an die Geheime Staatspolizei. Dieser teilte mit, dass sich im Sommer 1939 die mutmaßlich mit dem Attentat in Zusammenhang stehende Engländer, Kapitän Stevens und Mr. Best, in Heringsdorf, Kreis Usedom-Wollin, aufgehalten hätten und dort möglicherweise mit Georg Elser und „weiteren Mitwissern“ in Kontakt getreten sein könnten.

Im Bestand des Oberkommandos der Wehrmacht/Wehrmachtführungsstab (RW 4/269) sind die Berichte des Zollassistenten Xaver Rieger (Images 193, 195, 197) und seines Kollegen Waldemar Zipperer (Images 199, 201) über die Ergreifung von Georg Elser überliefert. Dokumentiert ist dort auch die dienstliche Beförderung von Rieger und Zipperer als „Anerkennung für das umsichtige Verhalten bei der Festnahme des Attentäters“ (Images 205 und 207). Nicht zuletzt sind dort (Images 214-215) Fotografien der beiden Zollbeamten zu finden.

Propaganda

Im Bestand des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda sind die Protokolle der täglichen Konferenzen des Reichsministers Goebbels mit den Abteilungsleitern (Fotokopien), Okt.-Dez. 1939 zu finden (R 55/20001a). Bei den Notizen zur Konferenz vom 10. November 1939 findet sich (Image 31) folgender Eintrag: „Der Minister gibt Anweisungen über die weitere Behandlung des Attentates im Bürgerbräukeller in der Presse.“ Beim Staatsakt für die Opfer des Attentats sollte die Rede des Stellvertreters des Führers durch die Medien verbreitet werden. Für die Bewachung des Ministeriums und verstärkte Kontrolle der Besucher sollte ebenfalls Sorge getragen werden. Die Akte R 55/636 beschäftigt sich mit den Kosten des Staatsaktes für die Opfer des Attentats im Bürgerbräukeller am 8. Nov. 1939, 1940.

Detailliertere Vorgaben für die Presse, wie der Anschlag propagandistisch zu behandeln war, sind in den "Vertraulichen Informationen" und "Sonderinformationen" vom November 1939 zu finden, die in einer Akte der Sammlung Oberheitmann zur Pressepolitik des NS-Staates enthalten sind: ZSG 109/5, Images 47, 49, 51, 53, 55, 57. „Die Zeitungen müssen gänzlich im Zeichen des ruchlosen Anschlages auf den Bürgerbräukeller in München stehen“, heißt es unter dem Datum vom 9. November. Betont werden sollte, dass „die Vorsehung“ ihre „schützende Hand“ über den Führer gehalten habe.

Zur „Schuldfrage“ folgte die Instruktion, „Andeutungen gegen ausländische Mächte“ zu kommunizieren, „die ganz offensichtlich ihre Hand im Spiel haben“. Diese „dunklen Mächte“, deren „einziges Ziel die Vernichtung des Nationalsozialismus“ sei, sollten auch als Urheber des Krieges benannt werden. Gegen diese suchte man den Schulterschluss mit dem deutschen Volk auf dem „Weg zum Endsieg“.

„Die Berichterstattung über den Anschlag bildet selbstverständlich die grosse Aufmachung auch noch in den nächsten Tagen“, heißt es weiter. „Lautstärke und Umfang“ sollten nicht nachlassen. Insbesondere beobachtete man aufmerksam, was die englische und französische Presse kommentierten. Der Reichsführer-SS hatte sogar eine Belohnung von 300.000 Reichsmark für „zweckdienliche Mitteilungen“ aus dem Ausland ausgelobt. Unter dem Datum vom 10. November findet man den Aufruf, sich mit den „intellektuellen Urhebern“ des Attentats zu beschäftigen, insbesondere den „britischen Kriegshetzern“ und dem „Weltjudentum“, doch auch Amerika und Frankreich zählte man zu den „wahren Urhebern“.

Reichskanzlei

Die Schriftgutbestände der Reichskanzlei bilden die Rückgratüberlieferung für die schriftliche Hinterlassenschaft der Verwaltung des Deutschen Reiches. So hat auch das Attentat im Bürgerbräukeller dort seinen Niederschlag gefunden.

R 43-II/130, Images 129, 131, 133: Diese Akte umfasst Vermerke und ein Telegramm vom November 1939, welche die Vorbereitung des Staatsakts an der Feldherrenhalle für die Opfer des Attentats dokumentieren. Auf Geheiß Hitlers hatten zu diesem Anlass auch „alle Dienstgebäude halbstock zu flaggen“. Festgestellt wurden sieben Tote und 65 Verletzte, darunter 25 Schwerverletzte.

R 43-II/1542a, Images 169-205: Dokumentiert sind in dieser Akte die Schutzhaft und die Ergebnisse der staatspolizeilichen Ermittlungen gegen den Pächter des Bürgerbräukellers in München, Andreas Payerl, nach dem Attentat. Der Reichsführer-SS Heinrich Himmler befand, dass dem Gastwirt nicht nur die Konzession zum Betrieb dieses Gasthauses entzogen, sondern auch jede weitere Betätigung im Gastgewerbe untersagt werden sollte. Nur aufgrund seiner nachlässigen Geschäftsführung, insbesondere der mangelnden Zutrittskontrolle und Absicherung des Saales, sei die Vorbereitung des Attentats überhaupt möglich gewesen. Nach Bittgesuchen der Schwester und Payerls selbst fällte Hitler den Gnadenentscheid, Payerl zumindest seine Gewerbeerlaubnis zu belassen.

Reichsleitung der NSDAP

In einigen Beständen der Reichsleitung der NSDAP findet man Vorgänge zum Attentat:

NS 22/1295 Reichsorganisationsleiter der NSDAP: u.a. Attentat von Georg Elser im Bürgerbräukeller München vom 8. November 1939 und weitere Anschläge auf den Reichskanzler, 1934-1939.

NS 1/2316 Reichsschatzmeister der NSDAP: u.a. Einkommensteuerliche Begünstigung von Witwen der beim Attentat vom 8. November 1939 im Bürgerbräukeller in München ums Leben gekommenen Parteimitglieder, 1940-1942.

NS 26/169 Hauptarchiv der NSDAP: Gau München-Oberbayern.- Versammlungsberichte verschiedener Parteien, u.a. über die Ereignisse im Bürgerbräukeller am 8. November 1939, Organisation der Kreisleitungen und Ortsgruppen.

Weiteres zeitgenössisches Schriftgut

R 901/57655 Auswärtiges Amt: Hitlers Reden: 8. November 1939 vor den „alten Kämpfern“ im Bürgerbräukeller in München und Bombenattentatsversuch, November 1939 - Februar 1940.

R 49/7522 Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums: u.a. Hinweis auf die Verletzung von Emil Faetsch bei dem Attentatsversuch im Bürgerbräukeller am 8. November 1939 (benutzungsbeschränkt).

Bundesrepublik Deutschland

Beachtlich sind ferner die nach 1945 entstandenen Unterlagen über Elser und das Attentat.

In der Akte NS 20/65 (Kleine Erwerbungen NSDAP) ist eine Befragung von Kurt Geissler, Kriminaldirektor a.D., vor dem Polizeipräsidium Köln, 29. Nov. 1960, dokumentiert.

Die Sammlung Filmwerke umfasst zwei Archivalien mit Schriftgut über Filmproduktionen:

FILMSG 1/34143 „Georg Elser – Einer aus Deutschland“, 1989 (Regie Klaus-Maria Brandauer), u.a. Zeitungsausschnitte; Werbeheft; Fotos (benutzungsbeschränkt)

FILMSG 5/8330 Drehbücher Filmförderung Bundesrepublik Deutschland: Elser - Er hätte die Welt verändert (Autor: Breinersdorfer, Fred), 12. April 2014 (benutzungsbeschränkt).

Im Bestand B 198 (Bundesarchiv) ist ein Benutzungsvorgang zu den Verhör-Protokollen (1969) überliefert (B 198/401).

Das Schriftgut des Bundesministeriums der Justiz umfasst einen Vorgang über die Erteilung einer Genehmigung zur Veröffentlichung des Vernehmungsprotokolls, 1969-1970 (B 141/78175).

Unterlagen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen (B 162/20592) dokumentieren Ermittlungen über die Tötung Elsers durch SS-Angehörige im so genannten Kommandanturarrest des Konzentrationslagers Dachau, 1951-1969 (benutzungsbeschränkt).

Die Gestaltung von Sonderpostwertzeichen zu Georg Elser, 1998-2004, bildet sich im Bestand B 126 (Bundesministerium der Finanzen) ab (benutzungsbeschränkt).

Eine Materialsammlung zum Attentat, 1965-1997, ist in ZSG 163/479 (Sammlung Tobias, Fritz) zu finden. Die Akte ZSG 163/530 beinhaltet Korrespondenz und Presseartikel zum Thema, 1963-2000 (benutzungsbeschränkt).

Der Nachlass von Ernst Fraenkel umfasst u.a.: Dr. Edouard Calic, Berlin.- Hitler-Attentat von Johann Georg Elser in der historischen Forschung, ca. 1970-1971 (N 1274/55).

Im Nachlass von Jutta Limbach (N 1837) sind Materialien zu Vorträgen über Elsers Attentat, 1995-2013, zu finden (benutzungsbeschränkt).

Deutsche Demokratische Republik

Auch der Staatssicherheitsdienst der DDR befasste sich mit Georg Elser. An das Stasi-Unterlagen-Archiv ist eine gesonderte, schriftliche Anfrage zu richten.

Bildmaterial

Neben dem Schriftgut verwahrt das Bundesarchiv auch visuelles Archivgut zu Elsers Attentat:

Hinweise

Dieser Rechercheleitfaden wurde zusammengestellt von Sabine Dumschat.

Weitere Informationen

  • Zetrümmerter Saal mit eingestürzter Decke
    Dokument zur Zeitgeschichte

    Attentat auf Hitler am 8. November 1939 – Vernehmungsprotokoll des Georg Elser

    Georg Elser versuchte am 8. November 1939, Reichskanzler Adolf Hitler mit einer selbstgebauten Bombe zu töten. Der Anschlag scheiterte knapp. Seine Alleintäterschaft sorgte noch in der Nachkriegszeit für Spekulationen. Elsers Vernehmungsprotokoll aus dem Bestand des Bundesarchivs belegt, dass er das Attentat unabhängig plante und durchführte.