Deutsches Rüstungswerk im Mai 1940,
Quelle:
BArch, Bild 183-L04352 / o. Ang.
Rüstung und Wehrwirtschaft im Zweiten Weltkrieg – Deutsches Reich
Ein Rechercheleitfaden zu Quellen in der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs
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Bei welchen Fragestellungen muss ich mich mit den Unterlagen der Wehrwirtschafts- und Rüstungsorganisation beschäftigen?
Fragen zur Zwangsarbeit von verschleppten Zivilisten und Kriegsgefangenen (Wo finde ich Informationen zum Schicksal meines Großvaters als Zwangsarbeiter in Königsberg? Wo finde ich Informationen darüber, ob die Firma XY während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeiter beschäftigt hat?)
Fragen zur Rüstungsproduktion einzelner Firmen (Wo finde ich Informationen über die Produktion von Rüstungsgütern für die Wehrmacht durch die Firma XY?)
allgemeine Fragen zur deutschen Kriegswirtschaft im Reichsgebiet
Welche Angaben müssen mir bekannt sein, um die Dokumente nutzen zu können?
Die Wehrwirtschafts- und Rüstungsorganisation basierte auf territorialen Zuständigkeiten und war wie alle militärischen Organisationen hierarchisch gegliedert. Dies ist für die Recherche entscheidend, denn es bedeutet, dass Sie zunächst den Ihre Frage betreffenden Ort kennen müssen. Dies kann zum Beispiel der Sitz einer Firma oder der Einsatzort von Zwangsarbeitern sein.
Aufbau und Organisation der Wehrwirtschafts- und Rüstungsorganisation der Wehrmacht
Die Aufgaben der Wehrwirtschafts- und Rüstungsorganisation waren die Beschaffung von Waffen und Ausrüstung für die gesamte Wehrmacht, die Bereitstellung von Rohstoffen, Arbeitskräften und Transportraum sowie die wirtschaftliche Ausbeutung der besetzten Gebiete und Staaten.
Innerhalb der Wehrmacht waren es die Stellen dieser Organisation, die mit denjenigen Firmen in Kontakt standen, die für die Wehrmacht Rüstungsgüter produzierten und/oder Zwangsarbeiter beschäftigten.
Die Wehrwirtschafts- und Rüstungsorganisation war wie alle militärischen Organisationen hierarchisch gegliedert. Die verschiedenen Ebenen der Befehlshierarchie kommunizierten intensiv miteinander, Befehle wurden von oben nach unten erteilt, Berichte von unten nach oben erstattet. Erfolgte diese Kommunikation schriftlich, besteht die Möglichkeit, dass sie in den Beständen des Bundesarchivs zu finden ist.
Aus diesem Grund können Informationen, die einen bestimmten Bereich betreffen, immer auch auf der jeweils nächsthöheren Ebene der Befehlshierarchie gesucht werden. Dies kann auch dann hilfreich sein, wenn von der gesuchten Stelle keine Unterlagen mehr vorhanden sind. In diesem Fall kann die nächsthöhere Ebene in die Suche mit einbezogen werden.
An der Spitze dieser sehr großen Organisation stand bis zum Mai 1942 das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt beim Oberkommando der Wehrmacht (Ebene 1). Hier liefen alle Fäden zusammen. Diesem Amt unterstanden auf dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem deutschen Überfall auf Polen 17 Rüstungsinspektionen (Ebene 2), denen jeweils mehrere Rüstungskommandos (insgesamt 65, Ebene 3) zugeordnet waren.
Jede Inspektion bzw. jedes Kommando war für ein bestimmtes Gebiet des Reichs zuständig.
Der folgenden Karte können Sie die zuständigen Stellen für das Sie interessierende Gebiet entnehmen. Eine höher aufgelöste Version der Karte finden Sie in invenio unter diesem Link.
Karte der politischen Gliederung des Deutschen Reichs mit Rüstungsinspektionen und Rüstungskommandos (Stand: 1. Juli 1943)Quelle: BArch, RW 19/933, Image 0002
Bestände im Bundesarchiv
Die oben beschriebenen Strukturen sind im Bundesarchiv in einer Vielzahl von Archivbeständen abgebildet. Diese Bestände wurden so gebildet, dass sie die ursprüngliche Organisation möglichst weitgehend so abbilden, wie sie tatsächlich bestanden hat.
Nähere Informationen hierzu finden Sie in den Bestandsinformationen unter dem Punkt „Informationen zur Provenienz“.
Welche Informationen enthalten die Unterlagen und welche Informationen nicht?
Die im Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, verwahrten Sachakten militärischer Kommandobehörden, Verbände, Einheiten und Dienststellen der ehemaligen deutschen Wehrmacht und Waffen-SS sind oft nur splitterhaft überliefert, da durch Kriegseinwirkungen und auch durch Vernichtung von Schriftgut bei Feindgefahr viele Dokumente verloren gegangen sind.
Dies gilt auch für die Sachakten der meisten Rüstungsdienststellen. Jedoch wurden die Kriegstagebücher, Lageberichte und Darstellungen zur Geschichte der Rüstungsinspektionen und -kommandos schon kurz nach ihrem Entstehen sukzessive aus den jeweiligen Registraturen ausgesondert und im „Archiv der Wehrwirtschaftsstellen“ (zuletzt in Muskau in der Oberlausitz) gesammelt. Dort wurden sie von US-Truppen sichergestellt und kamen in den 1960er Jahren in das Bundesarchiv.
Ausnahmen bilden das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt (RW 19) sowie das Rüstungskommando Augsburg (RW 21-1). Von diesen Stellen sind auch Sachakten in größerem Umfang erhalten geblieben. Informationen, dazu, welche Unterlagen einer bestimmten Stelle noch vorhanden sind, finden Sie unter dem Punkt„Inhaltliche Charakterisierung“ in den Bestandsinformationen der hier vorgestellten Bestände.
Die Kriegstagebücher reichen in den meisten Fällen von 1939 bis 1944. In ihnen wurden in chronologischer Form, ähnlich wie in einem privaten Tagebuch, alle die Dienststelle betreffenden Ereignisse festgehalten. Dabei wurden regelmäßig auch einzelne Firmen genannt sowie der Einsatz von „Fremdarbeitern“ thematisiert.
Das Schicksal von Einzelpersonen spiegelt sich in diesen Unterlagen aber in der Regel nicht wider, Namen werden fast nie genannt.
Wie bewege ich mich für meine Recherche durch diese Bestände?
Sie können selbstverständlich jederzeit in unserer Archivdatenbank Invenio nach einfachen Schlagworten suchen. Diese Suche wird jedoch in nahezu allen Fällen nur wenige oder auch gar keine Archivalien zu Tage fördern, die Informationen zu Ihrer Frage enthalten können.
Wir sind die Nutzung von Suchmaschinen gewöhnt, die Homepages im Internet nach jedem nur denkbaren Schlagwort durchsuchen können. Bei hand- oder maschinengeschriebenem Archivgut ist das nicht möglich. Selbst bei einer detaillierten Beschreibung des Archivgutes in unserer Datenbank können die Archivarinnen und Archivare unmöglich alle Fragen, die daran in Zukunft gestellt werden können, voraussehen und entsprechende Schlagworte vergeben. Bitte beachten Sie daher, dass Sie in Invenio nur in den beschreibenden Informationen (Erschließungsinformationen) recherchieren können, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesarchivs in die Datenbank eingegeben wurden, nicht in den Unterlagen selbst. Dies gilt auch für Bestände, die digitalisiert wurden und im Internet einsehbar sind.
Anhand der oben gezeigten Karten können Sie das Rüstungskommando und die diesem übergeordnete Rüstungsinspektion ermitteln, die für den Sie interessierenden Ort zuständig waren. Nach dieser Eingrenzung auf zwei Stellen und die entsprechenden zwei Archivbestände können Sie Ihre Recherche in unserer Archivdatenbank Invenio sehr viel zielgerichteter beginnen.
Da es nicht möglich ist, alle in einem Kriegstagebuch vorkommenden Schlagworte in der Datenbank zu erfassen, wird eine Suche nach Orten, einzelnen Firmen oder Personen in der Regel zu keinem Ergebnis führen. Oft lautet der Titel der Dokumente in der Datenbank zum Beispiel nur „Kriegstagebuch“. Das bedeutet, dass Sie bei Ihrer Recherche über das Internet die Unterlagen nur auf das Kriegstagebuch einer bestimmten Dienststelle für einen bestimmten Zeitraum eingrenzen können.
Jede darüber hinaus gehende Information kann nur durch die Einsicht der Unterlagen in unserem Benutzersaal gewonnen werden – durch Sie persönlich, durch einen von Ihnen beauftragten Recherchedienst oder über die Bestellung von Kopien.
An welche Stellen kann ich mich außerdem wenden?
Zwangsarbeit
Falls Kriegsgefangene Zwangsarbeit leisten mussten oder nach dem Kriegsende als so genannte Displaced Persons (DP) registriert wurden, können Hinweise zu diesen Personen auch bei den Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution vorliegen.
Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit größten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes.
Die Arolsen Archives suchen nach Spuren von NS-Verfolgten, beantworten Anfragen zu den Opfern und Überlebenden des nationalsozialistischen Terror-Regimes und helfen bis heute dabei, Familien zusammenzuführen, die durch den Holocaust, die Verfolgung von Minderheiten sowie Zwangsarbeit auseinandergerissen wurden.
Der Standort Ludwigsburg des Bundesarchivs verwahrt die Unterlagen der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“. In diesen Akten können sich auch Ermittlungsunterlagen, z. B. Aussagen von Tätern, Opfern oder Zeugen zu Verbrechen in Betrieben und Lagern, befinden.
Wirtschaftspolitik und Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg
Unterlagen zur Zusammenarbeit von Rüstungsdienststellen und Firmen können auch in der Abteilung Bereitstellung (BE) des Bundesarchivs vorliegen. In Frage kommen hier vor allem die folgenden Archivbestände:
Wir empfehlen Ihnen auch einen Blick in die laufend aktualisierten Angaben zur einschlägigen Forschungsliteratur in den Bestandsinformationen der vorgestellten Bestände unter dem Punkt „Literatur“.