Einführende Informationen
Die im Kurfürstentum Brandenburg und später im Königreich Preußen aufgebaute Flotte geriet im späten 18. Jahrhundert in Verfall. Anfang des 19. Jahrhunderts war Preußen keine Seemacht. Erst ab 1811/13 wurden wieder regelmäßig Seefahrzeuge zur Küstenverteidigung angeschafft und weitere Pläne zum Aufbau einer Marine entworfen. Mit Kabinettsordre vom 5. September 1848 wurde die Königlich Preußische Marine gebildet und als Folge Kriegsschiffe in Bau gegeben, angekauft oder von der Flotte des Norddeutschen Bundes übernommen. Fünf Jahre später, mit AKO vom 14. November 1853, wurde die Königlich Preußische Admiralität als nunmehr eigenständige höchste Marinebehörde eingerichtet. Am 30. März 1854 wurde Prinz Adalbert von Preußen zum Admiral der preußischen Küsten und Oberbefehlshaber der Preußischen Marine ernannt. Mit dem 25. Juni 1867 ging die Preußische Marine zusammen mit den Seestreitkräften der anderen deutschen Staaten an den Norddeutschen Bund und wird in der Forschung als „Norddeutsche Bundesmarine“ bezeichnet. Die Reichsverfassung vom 20. April 1871 definierte die Marine als Reichsangelegenheit. Durch eine entsprechende Weisung Kaiser Wilhelms I. an den Chef der neuen Oberbehörde für die Marine vom 1. Februar 1872 wurde die Marine von nun an als „Kaiserliche Marine“ bezeichnet.
Das Schriftgut der Marine in der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs setzt bereits im Jahr 1808 mit den Unterlagen der Preußischen Marine ein.
Die Überlieferung der Kaiserlichen Marine, insbesondere die der Spitzenbehörden (RM 1 Kaiserliche Admiralität, RM 2 Kaiserliches Marinekabinett, RM 3 Reichsmarineamt, RM 4 Oberkommando der Marine, RM 5 Admiralstab der Marine) ist im Wesentlichen gut erhalten geblieben, sie weist jedoch für die nachgeordneten Dienststellen stellenweise Lücken auf. Damit stellt die Marineüberlieferung auf Grund der Aktenverluste in der Preußischen Armee eine Art Ersatzüberlieferung dar. Sie bietet weit über die Marine- und Seekriegsgeschichte hinaus Informationen zur Wirtschafts-, Sozial- und Kolonialgeschichte. Von Bedeutung innerhalb der Überlieferung ist auch der große Anteil an Konstruktionszeichnungen von Schiffen (RM 3 Reichsmarineamt). Schriftgutverluste sind v. a. auf die Zeit nach der Revolution 1918 und die Folgemonate zurückzuführen. Darüber hinaus entstanden Überlieferungsverluste mangels geregelter Abgaben an das Marinearchiv.
Die Kaiserliche Marine richtete erst am 5. Februar 1916 eine Kriegsgeschichtliche Abteilung beim Admiralstab der Marine ein, aus der erst 1921 das Marinearchiv (bei der Kriegswissenschaftlichen Abteilung, Bestand RM 8) entstand. Bis 1918 lagerten die Akten jedoch in den Registraturen der verschiedenen Behörden. Ab 1919 wurde die Bezeichnung des Marinearchivs in „Leiter des Instituts für Marinegeschichte und Vorstand des Marine-Archivs“ geändert. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Gründung des Reichsarchivs 1920 führte die Marine ihr Marinearchiv weiter und erweiterte es dahingehend, dass das gesamte Schriftgut der Marine übernommen werden sollte. Eine zweite Umbenennung erfolgte am 22. Januar 1936 in „Kriegswissenschaftliche Abteilung der Marine“. Diese gehörte jedoch nicht zum Reichsarchiv, sondern unterstand bis zum 31. März 1934 der Inspektion des Bildungswesens der Marine, später dem Chef der Marineleitung und war dann als nachgeordnete Behörde dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine unterstellt.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Marineakten am 22. November 1943 nach Schloss Tambach bei Coburg ausgelagert und blieben dadurch vor weiteren Luftangriffen geschützt. Befehle zur Vernichtung der Unterlagen konnten nicht mehr umgesetzt werden.
Nach Kriegsende wurde das Archivgut von den US-amerikanischen Truppen beschlagnahmt und nach London verbracht. Dort hat man die Akten in großem Umfang verfilmt, zu Bündeln zusammengefasst, mit fortlaufenden F-Nummern („Faszikel“, „File“ oder „Fach“) und z. T. mit einer siebenstelligen Nummer mit den vorangesetzten Buchstaben PG („Pinched from the Germans“) versehen. Anschließend wurde das Archivgut der britischen Admiralität übergeben. Zudem gelangte ein Teil der Unterlagen in russische Archive und später in das ehemalige Militärarchiv der DDR nach Potsdam.
In den 1960er Jahren wurden die Marineakten im Rahmen der Aktenrückführung an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben und gelangten in die Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Freiburg. Aufgrund einer interministeriellen Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundesminister des Innern aus dem Jahre 1968 wurden die Akten von der Dokumentenzentrale ins Bundesarchiv übertragen. Sie gelangten schließlich in das von Koblenz nach Freiburg verlegte Bundesarchiv-Militärarchiv. 1995 wurden die Unterlagen des ehemaligen Militärarchivs der DDR in die Abteilung Militärarchiv übernommen.
Quellen im Bundesarchiv
Primäre Überlieferung zu Truppenteilen der Marine bis 1919
Die Abteilung Militärarchiv verwahrt sowohl die Personalunterlagen von Admiralen der Kaiserlichen Marine als auch Sachakten von Truppenteilen der Marine.
Die Personalunterlagen der Kaiserlichen Marine sind – sofern sie nicht von ihr selbst routinemäßig entsorgt worden sind – weitestgehend erhalten. Die Personalunterlagen der Preußischen und Kaiserlichen Marine wurden bereits kurz nach Kriegsende 1945 von der damaligen Deutschen Dienststelle (WASt), heute Referat DR 2 Auskünfte Militärangehörige Erster und Zweiter Weltkrieg, übernommen, wo sie sich heute noch befinden. Personalunterlagen von Offizieren der Kaiserlichen Marine, die später auch Angehörige von Reichswehr und/oder Wehrmacht waren, befinden sich heute (soweit noch vorhanden) im Bestand Pers 6. Vereinzelte Personalunterlagen von Angehörigen der Preußischen und/oder Kaiserlichen Marine im Militärarchiv bilden den Bestand Pers 8. In der Regel sind in der Abteilung Militärarchiv die Dienstgrade ab dem Kapitänleutnant zu finden, die Dienstgrade darunter finden sich beim Referat DR 2 Auskünfte Militärangehörige Erster und Zweiter Weltkrieg soweit diese erhalten geblieben sind. Verfahrensakten der Gerichte sind teilweise bei den jeweiligen Sachaktenüberlieferungen zu finden. Unterlagen zu Orden und Ehrenzeichen, v. a. Namenslisten finden sich zum Großteil in den Beständen v. a. der obersten Behörden. Pers 8 beinhaltet dabei die zufällig erhalten gebliebenen Personalunterlagen aller Dienstgrade, insgesamt jedoch nur 700 AE. Weiterhin finden sich Krankenunterlagen der Kaiserlichen Marine im Bestand Pers 9.
Die Sachakten von Truppenteilen der Kaiserlichen Marine werden in der Abteilung Militärarchiv (Abt. MA) verwahrt. Oft wird gefragt, ob man in den Sachakten der Truppenteile, z. B. in den amtlichen Kriegstagebüchern, Hinweise zu den Aufgaben und dem Schicksal von einzelnen Soldaten finden kann. Das ist aber normalerweise nicht der Fall. Diese Sachakten enthalten Informationen zu Organisation, Dienstbetrieb und Einsatz eines Truppenteils bzw. einer Dienststelle. Aber einzelne Soldaten werden darin nicht genannt. Nur bei Offizieren kann es vorkommen, dass diese in den Akten namentlich erwähnt werden. Besatzungslisten sind nur selten in den Akten zu finden. Diese können sich, soweit erhalten geblieben, in den vom Referat DR 2 Auskünfte Militärangehörige Erster und Zweiter Weltkrieg betreuten Archivbeständen finden lassen.
Über diesen Link gelangen Sie in invenio, der Suchmaschine des Bundesarchivs, zu den Beständen der Kaiserlichen Marine. Wenn Sie auf das „+“ links neben dem Punkt „Weitere Einheiten“ in der Tektonik klicken, klappen die Bestände aus.
Im Bestand der Kriegswissenschaftlichen Abteilung (Marinearchiv) RM 8 können sich weitere nützliche Unterlagen für die Erforschung der Kaiserlichen Marine finden. Dieser beinhaltet Ausarbeitungen zu Einsatz und Geschichte von Einheiten der Marine.
In der Abteilung DR des Bundesarchivs finden sich ebenfalls Informationen zur Geschichte der Kaiserlichen Marine.
Ersatzüberlieferung zu Truppenteilen der Marine bis 1919
Archivgut
Informationen zu den Einheiten der Kaiserlichen Marine und deren Gliederung finden sie in: Hans H. Hildebrand: Die organisatorische Entwicklung der Marine nebst Stellenbesetzung 1848–1945 (= Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte), 3 Bde., Osnabrück 2000. Da die Unterlagen zur Marine nach den Einheiten und Verbänden gegliedert sind, müssen sie zunächst ermitteln, wem die gesuchte Einheit unterstellt war bzw. deren vorgesetzte Truppenteile bzw. Dienststellen. Anschließend können Sie gezielt in invenio suchen.
In Hildebrands Werk „Deutschlands Admirale 1849–1945: Die militärischen Werdegänge der See-, Ingenieur-, Sanitäts-, Waffen- und Verwaltungsoffiziere, 3 Bde., Osnabrück 1988“ finden sich die Biographien der Admirale.
Die o. g. Publikationen basieren auf den Ausarbeitungen und Quellensammlungen von Hans H. Hildebrand. Diese sind in MSG 225 Hildebrand, Hans.- Sammlung zu Geschichte, Organisation und Stellenbesetzung der deutschen Marinen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert zu finden. Darin finden sich Ausarbeitungen zur Marinegeschichte von 1650 bis 1945, Biographien der Admirale, Schiffsbiographien und Fotografien von Angehörigen der Marine sowie von Schiffen.
Eine weitere wichtige Quelle für die Erforschung der Geschichte der Kaiserlichen Marine stellen die Nachlässe dar. Es finden sich zahlreiche Nachlässe von Angehörigen der Kaiserlichen Marine im Bundesarchiv.
Weiterhin sind im Bestand MSG 2 Sachthematische und biographische Sammlung zur deutschen Militärgeschichte 1849–1945 private Unterlagen wie Tagebücher, Feldpostbriefe sowie Erlebnisberichte von ehemaligen Soldaten der Kaiserlichen Marine zu finden. Dieser Bestand ist sehr groß. Die Suche erfolgt daher am besten nach Schlagworten. Daneben existieren im Bundesarchiv weitere eigenständige militärgeschichtliche Sammlungen. Deren Findbücher können Sie über diesen Link aufrufen.
Bibliotheksgut
Literaturangaben zur Kaiserlichen Marine finden sich in den Beschreibungen der Bestände.
Im Bibliothekskatalog des Bundesarchivs können Sie nach möglicherweise vorhandenen Ausarbeitungen zu Truppenteilen suchen. Diese sind insbesondere dann sehr hilfreich, wenn kaum Akten zu den gesuchten Truppenteilen überliefert sind. Derartige Publikationen basieren zum Teil auf zeitgenössischen Publikationen und den Erinnerungen ehemaliger Angehöriger.
Unterlagen zum Einsatz von Truppenteilen der Marine bis 1919 einsehen
Wichtige allgemeine Informationen
Das Bundesarchiv hat die Aufgabe, Archivgut konservatorisch zu sichern, inhaltlich zu erschließen und zugänglich zu machen. Wir unterstützen Sie gerne bei Ihren Recherchen und ermöglichen Ihnen die selbstständige Benutzung des Archivguts.
Mit der Suchmaschine invenio können Sie in unseren Beständen recherchieren. Hier finden Sie ausführliche Hilfen zur Benutzung von invenio. Digitalisierte Akten können Sie online über invenio einsehen oder als Scans herunterladen.
Für die Benutzung von Archivgut, das nicht digitalisiert vorliegt, haben Sie drei Möglichkeiten. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie unter den folgenden Links:
1. Besuch vor Ort in unserem Lesesaal
2. Beauftragung eines privaten Recherchedienstes
3. Bestellung von Digitalisaten
Stand der Digitalisierung
Das Bundesarchiv ist bestrebt, die Überlieferung der Preußischen Marine, der Norddeutschen Bundesmarine und der Kaiserlichen Marine online zugänglich zu machen. Bedingt durch die reichhaltige Überlieferung wird dies mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Bisher wurden vor allem die Akten der Spitzenbehörden, darunter zum Teil auch die Konstruktionszeichnungen der Schiffe, die Unterlagen aus dem sog. Schutzgebiet Kiautschou, die Unterlagen zur Revolution 1918, die Unterlagen bedeutender Schwerer Kreuzer, des Kreuzergeschwaders und die Unterlagen der Kaiserlichen Marine zu den Befehlshabern im Mittelmeer und Osmanischen Reich digitalisiert. Eine Aufstellung aller digitalisierten Bestände finden Sie hier.
Bitte beachten Sie, dass aufgrund der laufenden Digitalisierung von Marinebeständen einzelne Bestände vorübergehend nicht für die Benutzung bereitstehen können. Nähere Hinweise finden Sie auf unserer Seite zu den temporär gesperrten Beständen.
Benutzungshinweise für die Ersatzüberlieferung zu Truppenteilen der Marine bis 1919
Die Unterlagen der eigenständigen militärgeschichtlichen Sammlungen liegen im Bundesarchiv aufgrund von privatrechtlichen Vereinbarungen vor. Wenn Sie diese Bestände einsehen möchten, bitten wir Sie, neben Ihrem Benutzungsantrag auch die Besondere Verpflichtungserklärung für die Nutzung von Archivgut privater Herkunft einzureichen. Da es sich bei den genannten Beständen um Unterlagen privater Herkunft handelt, ist für die Benutzung die Unterzeichnung einer solchen Erklärung erforderlich. Sie verpflichten sich damit, die schutzwürdigen Belange von Personen, die in den Unterlagen genannt werden, angemessen zu wahren und Urheberrechte zu beachten.
Außerdem enthalten diese Bestände Unterlagen, die noch Schutzfristen nach dem Bundesarchivgesetz unterliegen. Für die Einsichtnahme ist aber eine Schutzfristverkürzung möglich. Sie müssen dafür einen Antrag auf Schutzfristverkürzung stellen.
Da es sich beim Bestand MSG 2 um eine Sammlung zahlreicher privater Abgaben handelt, ist stets eine individuelle Prüfung der Akten und deren Rechtesituation nötig. Wenn Sie Akten gefunden haben, die Sie gern einsehen möchten, dann bitten wir Sie, uns deren Archivsignaturen mitzuteilen. In der Regel ist die Benutzung von Akten aus MSG 2 nicht an besondere Benutzungsbedingungen geknüpft und die Unterzeichnung einer besonderen Verpflichtungserklärung genügt. Die Rechtesituation erfordert jedoch eine der Benutzung vorausgehende Prüfung. Hierfür bitten wir um Ihr Verständnis.