Im Rahmen ihrer Aufgaben zur Sicherung des Personalbestandes, der Liegenschaften und der Kampftechnik hatte sie in der NVA und in den Grenztruppen Spionage und Sabotage abzuwehren, den Geheimnisschutz zu gewährleisten, schwere Militärstraftaten und besondere Vorkommnisse zu untersuchen sowie SicherheitsüberprüfungenSicherheitsüberprüfungVerfahren zur Einschätzung der "sicherheitspolitischen" Eignung von Personen, denen bedeutsame... durchzuführen.
Das MfSMinisterium für StaatssicherheitDas Ministerium für Staatssicherheit (umgangssprachlich oft kurz "Stasi") war politische... befasste sich darüber hinaus mit dem inneren Zustand der Truppe, ihrer Disziplin und Ordnung sowie mit der politischen Zuverlässigkeit der Armeeangehörigen, insbesondere des Offizierkorps. In diesem Zusammenhang nahm es u.a. Einfluss auf die Personalauswahl und -qualifizierung und ergänzte das dienstliche und parteiliche Disziplinierungs- und Überwachungssystem in der Armee.
Zuständig für die DDR-Streitkräfte war im MfS die Hauptabteilung IHauptabteilung IZuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten... (HA I), die in der Organisationsstruktur der NVA offiziell unter der Bezeichnung "Verwa ltung 2000" firmierte. Anders als beispielsweise in der Volksrepublik Polen war die Militärabwehr damit nicht dem Verteidigungsministerium, sondern dem Staatssicherheitsministerium unterstellt. Die sog. VerbindungsoffiziereVerbindungsoffizierGeheimdienstoffizier, der auf der Arbeitsebene für die Kooperation mit anderen Institutionen... (VO), umgangssprachlich als "Vau-Nuller" bezeichnet, waren in den Armeeeinheiten bekannt und pflegten enge dienstliche Verbindungen zu den Kommandeuren sowie zu den Partei- und Politorganen.
Die "Militärtschekisten", wie sie sich selbst gern bezeichneten, hatten einerseits Zugang zu allen Stellen in ihrem Verantwortungsbereich und durften u.a. Armeeangehörige ohne vorheriges Einverständnis des Kommandeurs zu Aussprachen und Vernehmungen bestellen. Andererseits galten für sie auch bestimmte Befehle, Weisungen und Anordnungen der NVA.
Ende der 80er Jahre waren bei einer Gesamtpersonalstärke von rund 170.000 Mann mehr als 2.000 hauptamtlicheHauptamtlicher MitarbeiterDie hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bildeten die personelle Basis... sowie rund 12.500 inoffizielle MitarbeiterInoffizieller MitarbeiterInoffizielle Mitarbeiter waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit... des MfS in den DDR-Streitkräften tätig. Die materielle Sicherstellung der HA IHauptabteilung IZuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten... (Diensträume, Kraftfahrzeuge, Bewaffnung und Ausrüstung sowie Wohnungen) wurde durch das Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) übernommen. Die NVA unterstützte darüber hinaus die militärische Ausbildung des MfS, insbesondere seines WachregimentWachregimentDas am 01.01.1951 als "Wachbataillon A" gegründete Wachregiment des MfS, welches seit 1967 den... "Feliks Dzierżyński".
Seit den 60er Jahren trugen verschiedene Grundsatzvereinbarungen über die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken beider Ministerien dazu bei, die Aufgaben, Pflichten und Rechte des MfS in der NVA zu regeln. Eine Koordinierung der Tätigkeit war insbesondere bei der Militäraufklärung notwendig, da sowohl das MfNV mit der Verwaltung (später Bereich) AufklärungVerwaltung/Bereich Aufklärung des MfNVNeben dem MfS existierte von Juli 1952 bis 1990 unter wechselnden Namen ein weiterer... als auch die Hauptverwaltung AufklärungHauptverwaltung ASpionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1.... des MfS mit Aufgaben auf diesem Gebiet betraut worden waren.
Ein besonderes Verhältnis bestand darüber hinaus zwischen dem MfS und den militärischen Grenzsicherungsorganen der DDR. Das MfS übte zeitweise die direkte Kommandogewalt über die Deutsche GrenzpolizeiGrenzpolizeiDie Grenzpolizei in der SBZ/DDR wurde auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht zum 01.12.1946 in... aus, so vom Mai 1952 bis Juli 1953 und vom April 1955 bis zum März 1957. Nachdem 1961 die Grenzpolizei aus dem Innenministerium herausgelöst und der NVA als Grenztruppen zugeordnet worden war, wurden dem MfS nicht nur die Aufklärungsorgane der Grenztruppen unterstellt, sondern auch die Passkontrollen an den Grenzübergangsstellen und die Spionage im unmittelbaren grenzseitigen "Feindgebiet" übertragen.
Ein enges Zusammenwirken beider Ministerien war auch während einer Spannungsperiode und im Verteidigungszustand vereinbart. Das MfS hatte dabei sowohl die Aufgabe, militärische Überraschungsangriffe gegen die DDR rechtzeitig aufzudecken als auch die militärische Mobilmachung zu gewährleisten und die Bewegungsfreiheit der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Paktes zu sichern. Es war zudem für die Internierung, Isolierung und Überwachung von politisch unzuverlässigen DDR-Bürgern und Ausländern zuständig.
Die Zusammenarbeit und Kooperation zwischen dem MfS und dem Militär, die auch immer wieder von beiden Seiten eingefordert wurden, waren jedoch nicht frei von Friktionen und Spannungen. Dazu trug nicht zuletzt das ambivalente Verhältnis der beiden langjährigen Minister Erich MielkeMielke, Erich28.12.1907 - 21.05.2000
und Heinz Hoffmann bei. Beide galten als geltungs- und machtbewusste Persönlichkeiten. Ihre Profilierungssucht sowie persönlichen Eitelkeiten führten vor allem in den 60er Jahren zu Kompetenzstreitigkeiten.
Mielke befand sich jedoch letztlich gegenüber dem Verteidigungsminister im Vorteil. Er verfügte - oft noch vor Hoffmann - nicht nur über alle entscheidenden Informationen aus dem militärischen Bereich, sondern er konnte zudem durchsetzen, dass Belange seines Ministeriums unter Ausschluss der anderen bewaffneten Organe direkt mit dem SED-Generalsekretär behandelt wurden. Die Tätigkeit und Operationsweise des MfS innerhalb der Streitkräfte entzog sich bewusst der Kontrolle der militärischen Leitungsebenen und gewährleistete damit der Partei einen vom Militärapparat unabhängigen Befehls- und Meldeweg.
Ein gewisses Konkurrenzverhalten setzte sich aufgrund der unterschiedlichen Dienstgradhierarchien, des auf beiden Seiten vorhandenen Prestigedenkens sowie der übertriebenen KonspirationKonspirationGrundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz... seitens der Staatssicherheit zuweilen auch in den nachgeordneten Ebenen fort. Nicht wenige NVA-Offiziere fühlten sich von den MfS-Mitarbeitern bevormundet und in ihrer dienstlichen Zuständigkeit übergangen. Die Angehörigen des MfS unterlagen während ihrer Tätigkeit in den Streitkräften ausschließlich der Befehls-, Weisungs- und Disziplinarbefugnis des Ministers für Staatssicherheit und waren den Kommandeuren der NVA weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Eine Kontrolle der Tätigkeit der Staatssicherheit in den militärischen Einheiten seitens der NVA-Führung fand nicht statt. Keineswegs "kameradschaftlich" war es auch, wenn Armeeangehörige zu Straftaten oder schweren Dienstvergehen verleitet wurden, indem sie beispielsweise für das MfS geheime NVA-Unterlagen beschaffen oder ihre eigenen Kameraden (mit oft weitreichenden Folgen für die Betroffenen) bespitzeln mussten. Insofern war die Tätigkeit des MfS mitverantwortlich für ein Klima der Angst und des gegenseitigen Misstrauens in der Truppe.