
Abschiedsbrief Hilde Coppis, Quelle: BArch, DY 30/38234, Image 0105
„Immer deine Tochter Hilde“ – Abschiedsbrief der Widerstandskämpferin Hilde Coppi
5. August 1943
Hilde und Hans Coppi leisteten als Mitglieder der „Roten Kapelle“ in den 1930er und 1940er Jahren Widerstand gegen das NS-Regime. Am 5. August 1943 wurde Hilde Coppi in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Kurz vor ihrer Hinrichtung schrieb sie einen Abschiedsbrief an ihre Mutter Hedwig Rake.
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„Nun ist es bald soweit, dass wir Abschied nehmen müssen, für immer“. Kurz vor ihrer Hinrichtung am 5. August 1943 wandte sich Hilde Coppi in einem Abschiedsbrief an ihre Mutter Hedwig Rake. Coppis Todesurteil war bereits im Januar 1943 gefallen, ein Gnadengesuch hatte Adolf Hitler abgelehnt. Grund für die späte Vollstreckung des Urteils: Hilde Coppi sollte ihren Sohn Hans, der während der Haft geboren wurde, noch stillen können.
„Meine Mutter, meine gute einzige Mutter und mein kleines Hänschen, all meine Liebe ist immer ständig um Euch. Bleibt tapfer, wie ich es auch sein will.“
Hilde Coppi im Abschiedsbrief an ihre Mutter
Hilde Coppi kam 1909 als Hilde Rake in Berlin-Mitte zur Welt. In den 1930er Jahren arbeitete sie als Sprechstundenhilfe und Sekretärin in Arztpraxen. In dieser Zeit freundete sie sich mit Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. 1940 lernte sie – inzwischen Sachbearbeiterin in der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte – Hans Coppi kennen. Dieser war bereits 1934/35 wegen einer NS-kritischen Flugblattaktion für mehrere Monate im Konzentrationslager Oranienburg und im Strafgefängnis Plötzensee inhaftiert.
Widerstand in der „Roten Kapelle“
Im Juni 1941 heiratete Hilde Rake Hans Coppi. Über ihren Ehemann kam sie in Kontakt mit Mitgliedern der „Roten Kapelle“ um Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen.
Als „Rote Kapelle“ bezeichnete die Geheime Staatspolizei (Gestapo) ein Widerstandsnetzwerk, dessen Mitglieder v. a. Anfang der 1940er Jahre Kriegsverbrechen dokumentierten und regimekritische Flugblätter verteilten. „Kapelle“ stand in der Sprache der Gestapo für den Zusammenschluss von Funkern, die mit Morsecodes kommunizierten („Pianisten“). „Rot“, also „kommunistisch“, bezog sich auf die Kontakte des Netzwerks nach Moskau.
Tatsächlich aber handelte es sich bei der „Roten Kapelle“ nicht um eine geschlossene Widerstandsgruppe, sondern um ein loses Netzwerk kleinerer Gruppen in Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Auch gehörten ihr nicht ausschließlich Kommunistinnen und Kommunisten an – ganz im Gegenteil: Die Mitglieder stammten aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft. Neben Arbeiterinnen und Arbeitern, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Kommunistinnen und Kommunisten gehörten auch Bürgerliche, Christinnen und Christen, Studentinnen und Studenten zur „Roten Kapelle“.
Auch Hilde Coppi nahm an illegalen Protestaktionen teil, z. B. 1941 gegen die NS-Propaganda-Ausstellung „Das Sowjet-Paradies“ im Berliner Lustgarten. Außerdem leitete sie abgehörte Nachrichten von „Radio Moskau“ über deutsche Kriegsgefangene an deren Angehörige in Deutschland weiter. Damit entkräftete sie die NS-Propaganda, die Rote Armee ließe keine gefangengenommenen deutschen Soldaten am Leben.
Festnahme und Hinrichtung
1942 besiegelte ein sowjetischer Funkspruch von Brüssel nach Moskau das Schicksal der „Roten Kapelle“: Er enthielt die Klarnamen von Widerstandskämpfern in Berlin. So kam die Gestapo der Gruppe um Harnack und Schulze-Boysen auf die Spur. Am 12. September 1942 verhaftete sie die hochschwangere Hilde und Hans Coppi in ihrem Tegeler Kleingarten.
Hilde Coppi wurde ins Frauengefängnis Barnimstraße, unweit des Alexanderplatzes, Hans Coppi ins Gefängnis des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) in der Prinz-Albrecht-Straße (heute Niederkirchnerstraße) gebracht. Hans Coppi wurde nur einen Monat nach der Geburt seines Sohnes vom Reichskriegsgericht wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung und Spionage zum Tode verurteilt. Am 22. Dezember 1942 wurde er im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Hilde Coppi starb am Abend des 5. August 1943 durch das Fallbeil. Ihr Sohn Hans kam in die Obhut seiner Großeltern und wuchs nach dem Krieg in Ost-Berlin auf. Heute arbeitet er als Historiker.
„Ich gehe nun zu meinem grossen [sic!] Hans. Der kleine Hans hat – so hoffe ich – das Beste von uns als Erbe mitbekommen.“
Hilde Coppi im Abschiedsbrief an ihre Mutter
Weitere Informationen
Akten zum Ehepaar Coppi und zu den Prozessen vor dem Reichskriegsgericht sind u. a. in den folgenden Beständen im Bundesarchiv überliefert: