
Kriegstagebuch U.C. 25, Seite 1, Quelle: BArch, RM 86/265
Der U-Boot-Krieg im Mittelmeer
Das Kriegstagebuch des Kommandanten von „U.C. 25“, Oberleutnant zur See Karl Dönitz
Obwohl Karl Dönitz der letzte amtierende Reichspräsident des Deutschen Reiches war - wenn auch von Hitlers Gnaden - so kann man wohl zu Recht behaupten, dass das Interesse an seiner Person stark hinter dem zurückbleibt, welches anderen Protagonisten des Nationalsozialismus wie Hitler, Himmler oder Göring entgegengebracht wird.
Jedoch ist ein Blick auf das Leben und die Karriere des Großadmirals vor dem „Dritten Reich“ lohnenswert. Hierzu findet sich in der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs neben den Personalakten (BArch, Pers 6/2165 bzw. BArch, Pers 6/2258) auch ein Kriegstagebuch des damals 26-jährigen Kommandanten des U-Bootes "U.C. 25" vom Juli und August 1918 (BArch, RM 86/265). Dieses Dokument ist vor dem Hintergrund der Persönlichkeit von Dönitz, der sich im „Dritten Reich“ als bis zuletzt Hitler ergeben erweisen würde, in doppeltem Sinne Ausdruck höchster Authentizität, zeigt es doch auch den Bordalltag des U-Boot-Krieges in den letzten Kriegsmonaten.
Nach dem Eintritt in die Kaiserliche Marine 1910 und ersten Kriegserfahrungen auf dem Kleinen Kreuzer „Breslau“ im Schwarzen Meer, u. a. als Signal-, Divisions-, Wachoffizier und Adjutant (1), wurde Dönitz zum Oktober 1916 zur U-Boot-Waffe kommandiert (2). Bereits zu jener Zeit zeichneten die Beurteilungen seiner jeweiligen Vorgesetzten das Bild eines ambitionierten, vielseitigen und kompetenten Offiziers, welches sich selbst in seiner letzten Beurteilung vom 1. November 1942 durch seinen Vorgänger Großadmiral Erich Raeder fortsetzte (3). Nach diversen Lehrgängen folgte schließlich Dönitz‘ erste Verwendung auf „U 39“, wo er unter dem kriegserfahrenen Kapitänleutnant Walter Forstmann als Wachoffizier diente (4), der Dönitz nach dem zehnmonatigen Dienst auf seinem Boot ebenfalls eine Kommandantenbefähigung attestierte (5). Mit der Stationierung bei der II. U-Flottille, welche vom österreichisch-ungarischen Kriegshafen Pola aus operierte, endete für Dönitz das kurze Intermezzo am Hauptkriegsschauplatz Nordsee.
Der U-Boot-Einsatz im Mittelmeer stellte sich allerdings nicht minder schwierig dar, als jener in den „heimischen“ Gewässern. Die gesamten Seestreitkräfte waren faktisch in der Adria eingeschlossen, denn die nur ca. 71 km breite Straße von Otranto, einziger Weg aus der Adria ins Mittelmeer, wurde von den Alliierten stark überwacht und barg Gefahren wie Minen und Netze (6). Keine leichten Ausgangsbedingungen also auch für Karl Dönitz, der mit „U.C. 25“ seit dem Frühjahr 1918 auf „Feindfahrt“ ging. Dieses relativ kleine Boot der „U.C. II“-Reihe war zwar hochseetauglich, aber primär als Minenleger konzipiert (7).
Im Kriegstagebuch vom 17. Juli bis zum 7. August gab Dönitz dementsprechend das Primärziel auch mit „Südeinfahrt Korfu mit Minen verseuchen“ an. Allerdings musste auch er hierfür zunächst die Straße von Otranto passieren, was ihm im zweiten Anlauf auch schließlich unbeschadet gelang. Bei seinem Anmarsch auf die Südeinfahrt Korfus wurde „U.C. 25“ allerdings von Zerstörern entdeckt und bombardiert, konnte jedoch entkommen und am 23. Juli alle Minen ungesehen verlegen. Die Übermacht alliierter Überwasserstreitkräfte wird aber auf nahezu jeder Seite des Kriegstagebuches bestätigt, zusätzlich hatte die Mannschaft mit diversen technischen Defekten zu kämpfen, welche die Kampfkraft zumindest temporär einschränkten. Dönitz ließ sein Boot im Anschluss Richtung Sizilien laufen, wo er vor Syrakus auf Geleitzüge der Route Korfu-Malta „lauern“ wollte. Trotz wiederholter Flugzeugangriffe gelang Dönitz am 28. Juli die Versenkung eines Dampfers, welcher aus dem Hafen von Syrakus im Geleitzug ausgelaufen war, genau einen Tag später versenkte er ein noch größeres Frachtschiff. Insgesamt sollte „U.C. 25“ noch zwei weitere Dampfer und damit insgesamt 18.500 Tonnen versenken.
Diesen Erfolg schrieb Dönitz allerdings nicht sich selbst, sondern auch „zu einem guten Teil dem guten Ausbildungsstand der Besatzung“ zu. Auch sein Abschlussbericht zeugt von einem, wenn auch zurückhaltenden Fürsorgeverhalten für seine Mannschaft, da er deren Leistungen trotz der Gefahren und sommerlichen Hitze würdigte (8). Nachfolgend wurde Dönitz noch als Kommandant auf „U.B. 68“ eingesetzt, bei dessen Versenkung durch britische Schiffe er im Oktober 1918 in Gefangenschaft geriet.
Dönitz' Dienst bei der U-Boot-Waffe 1916-1918 kann also ohne Weiteres als seine „Lehrzeit“ beschrieben werden, denn rückblickend bestätigte er selbst, dass ihn die hier gewonnenen Erfahrungen von der Notwendigkeit eines taktisch geführten und konzentrierten U-Boot-Einsatzes überzeugten. Eine Konsequenz war die spätere Entwicklung der „Rudeltaktik“ (9), welche unter Dönitz im Zweiten Weltkrieg Anwendung fand, der zahllose alliierte Schiffe, aber auch Tausende Menschen zum Opfer fielen.
Christian Hauck
Anmerkungen:
(1) BArch, Pers 6/2165, S. 3.
(2) Görlitz, Walter: Karl Dönitz. Der Großadmiral. Göttingen 1972 (Persönlichkeit und Geschichte Bd. 69), S. 9-15.
(3) BArch, Pers 6/2165, S. 45-46.
(4) Görlitz: Großadmiral, S. 17.
(5) BArch, Pers 6/2165, S. 7.
(6) Görlitz: Großadmiral, S. 17.
(7) Herzog, Bodo: 60 Jahre deutsche U-Boote. 1906-1966. München 1968.
(8) BArch, RM 86/265
(9) Dönitz, Karl: Deutsche Strategie zur See im Zweiten Weltkrieg. Die Antworten des Großadmirals auf 40 Fragen. Frankfurt a. M. 1970, S. 15.