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Auf dem Schwarz-Weiß-Foto ist der Gründer von "Der Spiegel", Rudolf Augstein, auf einem FDP-Parteitag 1972 in seiner Funktion als Delegierter des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen zu sehen. Vor Augstein stehen drei Mikrofone. Er selbst trägt eine Brille mit Metallrahmen, einen dunklen Anzug mit Karomuster und eine schwarze Krawatte mit bunten Mustern.

Rudolf Augstein auf dem FDP-Parteitag am 23. Oktober 1972, Quelle: Bundesregierung, B 145 Bild-00048415 / Schaack, Lothar

Der Vorwurf lautet: Landesverrat

Die „Spiegel-Affäre“ veränderte das politische Klima in Deutschland und hielt die Öffentlichkeit mehrere Wochen in Atem.

  • Bericht des Parlamentarisch-Politischen Pressedienstes über die „Zustände in Bonn“ vom 13. November 1962

  • Rudolf Augstein auf dem FDP-Parteitag am 23. Oktober 1972

  • Conrad Ahlers, 5. Juni 1970

  • Bundesminister des Innern Herrmann Höcherl während der Fragestunde im Deutschen Bundestag zur „Spiegel-Affäre“, 7. November 1962

  • Schreiben von Gerd Bucerius (Verleger, Jurist, Mitglied des Bundestags) an Bundespräsident Heinrich Lübke zu den Äußerungen Konrad Adenauers während der Fragestunde am 7. November 1962

  • Schreiben eines Bürgers an den Bundespräsidenten Heinrich Lübke, die Spiegel-Affäre betreffend, 4. November 1962

  • Antwort aus dem Bundespräsidialamt auf das eingegangene Bürgerschreiben, 17. November 1962

  • Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 16. November 1962 betreffend das „Vorgehen anlässlich des Ermittlungsverfahrens gegen Redakteure des Spiegel“

  • Beantwortung der Anfrage der Fraktion der SPD, 5. Dezember 1962

  • Franz Josef Strauß bei der Vereidigung zum Bundesminister der Verteidigung durch Eugen Gerstenmaier, Präsident des Deutschen Bundestages, 14. November 1961

  • Bericht des Parlamentarisch-Politischen Pressedienstes über den Antrag der SPD-Fraktion, Verteidigungsminister Strauß aus seinem Amt zu entlassen, 14. November 1962

Es war Freitag, der 26. Oktober 1962: Auf Anordnung der Bundesanwaltschaft durchsuchten Polizei und Bundeskriminalamt die Redaktionsräume des SPIEGEL-Verlags in Hamburg und Bonn. Unterlagen wurden beschlagnahmt und Redaktionsräume versiegelt. Mehrere Mitarbeiter, darunter die Chefredakteure Johannes Engel und Claus Jacobi, wurden wegen des Verdachts auf Landesverrat vor Ort direkt festgenommen. Zeitgleich begann die Fahndung nach dem Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein und dem Journalisten und stellvertretenden Chefredakteur Conrad Ahlers.

Rudolf Augstein stellte sich am 27. Oktober 1962 der Polizei. Conrad Ahlers wurde während seines Urlaubs in Spanien verhaftet und in die Bundesrepublik zurückgebracht.

Das ist passiert:

Anlass für die Polizeiaktion war der in der Spiegel-Ausgabe Nr. 41 vom 10. Oktober 1962 veröffentlichte Artikel „Bedingt abwehrbereit“ über das NATO-Manöver „Fallex 62“. Die darin federführend von Conrad Ahlers zusammengetragenen Informationen gehen weit über eine Manöver-Reportage hinaus. Vielmehr beschäftigt sich der Artikel mit dem politischen Streit um eine nukleare oder eine konventionelle Bewaffnung West-Deutschlands. Der Artikel erläutert zudem die politische Brisanz durch die Befürwortung einer nuklearen Teilhabe der deutschen Streitkräfte durch Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß. Mit einem vernichtenden Ergebnis: Ein Angriff auf die Ostblock-Staaten würde für Millionen Bundesbürger den Tod bedeuten.

Die „Spiegel-Affäre“ in der Öffentlichkeit

Die Entrüstung über den so massiven Eingriff in die Pressefreiheit war groß. Bürgerinnen und Bürger, Medienschaffende, Lehrkräfte, Studierende, Kunst- und Kulturschaffende - es waren viele, die ihre Bestürzung und ihren Unmut zeigten und in Kundgebungen öffentlich den Rücktritt von Franz Josef Strauß forderten.

Konsequenzen

Am 7. November stellte sich Bundeskanzler Konrad Adenauer in der Fragestunde im Deutschen Bundestag schützend vor seinen Verteidigungsminister. Daraufhin traten am 19. November 1962 die fünf FDP-Minister seines Kabinetts zurück. Um Adenauer die Neubildung seines Kabinetts zu ermöglichen, verzichtete Strauß auf sein Ministeramt. Am 14. Dezember 1962 wurde die fünfte und letzte Regierung Adenauer gebildet. Kai-Uwe von Hassel wurde neuer Bundesminister für Verteidigung. Adenauer kündigte für Herbst 1963 seinen Rücktritt als Bundeskanzler an.

Der Haftbefehl gegen Rudolf Augstein wurde aufgehoben. Er konnte nach 103 Tagen das Untersuchungsgefängnis wieder verlassen.

Fazit

Die „Spiegel-Affäre“ veränderte das politische Klima in Deutschland und hielt die Öffentlichkeit mehrere Wochen in Atem. Nach der Affäre fiel das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil: Die Verantwortung der Presse für die demokratische Meinungsbildung wurde noch einmal genauer definiert. Voraussetzungen für die Pressefreiheit wurden festgeschrieben.


Überlieferung zum Thema befindet sich u. a. in folgenden Beständen des Bundesarchivs:

B 122 Bundespräsidialamt
B 136 Bundeskanzleramt
B 141 Bundesministerium der Justiz
B 237 Bundesverfassungsgericht
BW 1 Bundesministerium der Verteidigung
N 1221 Nachlass Theodor Heuss
N 1337 Nachlass Karl Carstens
N 1539 Konrad Hesse

Diese Geschichtsgalerie wurde von Antonia Buerstedde während ihres FaMI-Ausbildungsabschnitts im Arbeitsbereich Öffentlichkeitsarbeit / Digitale Kommunikation erstellt.