
Heinkel He 111 im Formationsflug, Quelle: BArch, Bild 101I-385-0586-16 / Wanderer, W.
Die Traditionsgeschwader der Wehrmacht
Die Bezeichnungen der Traditionsgeschwader der Luftwaffe zeigen das historisch-politische Selbstverständnis der Luftwaffe.
Unter „Traditionsgeschwadern der Wehrmacht“ sind die Geschwader der Luftwaffe zu verstehen, die zusätzlich zu ihrer Typbezeichnung und Nummerierung (z. B. „Jagdgeschwader 1“ bzw. „Jagdgeschwader Nr. 1“) eine weitere Bezeichnung eigens verliehen bekamen, um auf diese Art eine Traditionslinie zum ursprünglichen Träger dieser Bezeichnung zu stiften. In der Regel handelt es sich bei diesen Bezeichnungen um die Namen von Personen, die sich nach damals geltender Sichtweise in besonderem Maße um die Luftstreitkräfte und/oder die Nation bzw. Partei verdient gemacht hatten. Die Gesamtheit der Bezeichnungen aller Traditionsgeschwader der Luftwaffe zeigt daher den Traditionsrahmen auf, innerhalb dessen sich das historisch-politische Selbstverständnis der Luftwaffe bewegte.
Die deutschen Luftstreitkräfte waren ursprünglich in Abteilungen organisiert. Geschwader entstanden erst im späteren Verlauf des Ersten Weltkrieges, zunächst als Bombengeschwader. Bei den Kampffliegern wurden ab 1916 Kampfstaffeln und bei den Jagdfliegern ab 1917 Jagdstaffeln gebildet. Erst am 28. Oktober 1917 wurde das erste Jagdgeschwader gebildet: das „Jagdgeschwader Nr. 1“ unter Rittmeister Manfred von Richthofen. Am 16. März 1918 folgten die „Jagdgeschwader 2“ und „Jagdgeschwader 3“. Nach Richthofens Tod am 21. April 1918 erhielt das „Jagdgeschwader Nr. 1“ schließlich am 14. Mai 1918 die Bezeichnung „Jagdgeschwader Freiherr v. Richthofen Nr. 1“. In dieser Benennung liegt die Wurzel der späteren und auch heutigen Luftwaffen-Traditionsgeschwader. Denn am 14. März 1935 wurde in der neuen Luftwaffe, deren Oberbefehlshaber Göring der letzte Chef des „Jagdgeschwaders Freiherr v. Richthofen Nr. 1“ gewesen war, bewusst der Name „Richthofen“ an ein sogenanntes Traditionsgeschwader vergeben.
Insgesamt entstanden in der Luftwaffe der Wehrmacht elf Traditionsgeschwader (in der Reihenfolge ihrer Benennung):
- „Jagdgeschwader 2 Richthofen“
- „Sturzkampfgeschwader 2 Immelmann“
- „Kampfgeschwader 27 Boelcke“
- „Zerstörergeschwader 26 Horst Wessel“
- „Kampfgeschwader 1 Hindenburg“
- „Kampfgeschwader 4 General Wever“
- „Jagdgeschwader 26 Schlageter“
- „Kampfgeschwader 53 Legion Condor“
- „Jagdgeschwader 3 Udet“
- „Jagdgeschwader 51 Mölders“
- „Jagdgeschwader 1 Oesau“
Weitere Einheiten mit mehr oder weniger eigenständigen Bezeichnungen wie „Kommando Nowotny“ oder für das „Jagdgeschwader 5“ „Eismeer-Geschwader“ sind keine Traditionsgeschwader. Das gleiche gilt für die vielfach üblichen Bezeichnungen von Geschwadern anhand ihrer Geschwadersymbole oder Wappen (z. B. „Jagdgeschwader 54 Grünherz“).
Die Angehörigen der Traditionsgeschwader trugen üblicherweise an ihren Uniformen Ärmelbänder mit der Bezeichnung ihres Geschwaders. Mit dem Ärmelband des „Jagdgeschwader Richthofen“ mit eben dieser Aufschrift nicht zu verwechseln ist dabei das Ärmelband für Angehörige des Richthofen-Geschwaders des Ersten Weltkrieges mit der Aufschrift „Jagdgeschwader Freiherr v. Richthofen 1917/18“, wie es etwa der Generalluftzeugmeister, Generaloberst Ernst Udet, trug.
Die bei der Bezeichnung nummerierter Geschwader mitunter verwendete Form „Geschwader Nr. xy“ trat bei einzelnen Geschwadern zum Teil bis in die Kriegszeit auf, neben der zunehmend die Regel werdenden Form „Geschwader xy“. In diesem Beitrag wird aus Gründen der Einheitlichkeit nur letztere Form verwendet.
Thomas Menzel