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Schwarz-Weiß-Aufnahme einer Krankenschwester mit Kittel und Haube, die in einen von etwa 10 vor einem großen Gebäude aufgereihten Kinderwägen blickt; NSDAP- und SS-Flaggen an Fahnenstangen

Krankenschwester mit Kinderwagen neben einem Heim des „Lebensborn“, 1943, Quelle: BArch, Bild 146-1973-010-11 / o. Ang.

„Heilig soll uns sein jede Mutter guten Blutes“ — Der „Lebensborn e.V.“ der SS

Mit dem Verein „Lebensborn“ wollte Heinrich Himmler die Vermehrung einer „rassisch wertvollen“ Bevölkerung fördern: In den Entbindungs- und Kinderheimen wurden „arische“ Schwangere unterstützt, uneheliche Kinder von SS-Vätern geboren und geraubte Kinder „eingedeutscht“. Quellen finden sich in den Arolsen Archives und im Bundesarchiv.

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  • Befehl des Reichsführers-SS an alle SS-Führer, 4. Juni 1935

  • Satzung des „Lebensborn e.V.“ (Seite 1 und 2), 12. Dezember 1935

  • Satzung des „Lebensborn e.V.“ (Deckblatt und Seite 3), 12. Dezember 1935

  • „Taufe“ eines „Lebensborn“-Babys in Rhein-Hessen, ca. 1936/1944

  • „Taufe“ eines „Lebensborn“-Babys in Rhein-Hessen, ca. 1936/1944

  • Himmlers „Grundgesetz über die Betreuung von Witwen und Waisen“, 9. November 1937

  • Neugliederung des Vereins „Lebensborn“, 2. Februar 1938

  • Absprache Himmlers mit der NS-Volkswohlfahrt, 21. März 1938

  • Mütter-Häuser des „Lebensborn“, 1938

  • Organisationsplan des „Lebensborn e.V.“, ca. 1935–1939

  • SS-Befehl für die gesamte SS und Polizei vom 28. Oktober 1939

  • Befehl des Reichsführers-SS an alle Männer der SS und Polizei (Seite 1), 30. Januar 1940

  • Befehl des Reichsführers-SS an alle Männer der SS und Polizei (Seite 2), 30. Januar 1940

  • Ausführungsbestimmungen zum Befehl des Reichsführers-SS (Seite 1) vom 28. Oktober 1939, 19. Juni 1940

  • Ausführungsbestimmungen zum Befehl des Reichsführers-SS (Seite 2) vom 28. Oktober 1939, 19. Juni 1940

  • „Rudolf Heß an eine unverheiratete Mutter“ (Seite 1), ohne Datum

  • „Rudolf Heß an eine unverheiratete Mutter“ (Seite 2), ohne Datum

  • Verbot des Geschlechtsverkehrs von Angehörigen der SS und Polizei mit „andersrassigen“ Frauen, Dezember 1941

  • Französische Kinder für den „Lebensborn“, 29. Mai 1942

  • Organisationsplan der Abteilung Lebensborn in Oslo, 30. Juli 1942

  • Krankenschwester mit Kinderwagen neben einem Heim des „Lebensborn“, 1943

  • Einband des „Mündelbuchs Nr. 2“ des Vereins „Lebensborn“, ca. 1944

  • „Eidesstattliche Versicherung“ der werdenden Mütter, ohne Datum

  • Geheime Beurkundung von Vaterschaften, 24. April 1944

  • Geheime Beurkundung von Vaterschaften (Seite 1), August 1944

  • Information der Wehrmachtangehörigen über den „Lebensborn“ (Seite 1), November-Dezember 1944

  • Information der Wehrmachtangehörigen über den „Lebensborn“ (Seite 2), November-Dezember 1944

  • Vermerk im „Mündelbuch“ vom 3. Dezember 1953

Der Verein „Lebensborn“ war ein Instrument der nationalsozialistischen Bevölkerungs- und Rassenpolitik und sollte der Förderung und Vermehrung „guten Blutes“ dienen. Er wurde im Dezember 1935 vom Reichsführer-SS Heinrich Himmler gegründet, der auch als Vorsitzender des Vereins fungierte.

Die Dienststelle, zunächst in Berlin, ab 1938 in München ansässig, war organisatorisch anfangs dem Rasse- und Siedlungshauptamt-SS, ab Januar 1938 dem Persönlichen Stab des Reichsführers-SS zugeordnet. Mitglieder waren überwiegend SS-Angehörige. Für hauptamtliche SS-Führer war die Mitgliedschaft verpflichtend.

Der „Lebensborn“ unterhielt Entbindungs- und Kinderheime in Deutschland und in den während des Zweiten Weltkriegs besetzten europäischen Gebieten. Man unterstützte werdende Mütter – unter der Voraussetzung, dass sie und die Kindsväter „arisch“ und „erbgesund“ waren, man also „rassisch wertvollen“ Nachwuchs meinte erwarten zu können.

Geheime Geburten und „arische Elite“

Insbesondere unehelichen Kindern von SS-Vätern sollte die Möglichkeit eröffnet werden, unter strenger Geheimhaltung geboren zu werden. Doch nur für solche, die den SS-Ausleseprinzipien entsprachen, übernahm der „Lebensborn“ die Vormundschaft. Behinderte Kinder fielen dem „Euthanasie“-Mordprogramm zum Opfer. Die „Elite-Kinder“, die in den Heimen zur Welt kamen, wurden mit einer speziellen Namensgebungsfeier in die „SS-Sippengemeinschaft“ aufgenommen.

Himmler wollte gegen zunehmende Abtreibungszahlen und die sinkende Geburtenrate vorgehen, um dem Verlust potenzieller Arbeitskräfte und Soldaten für den Staat entgegenzuwirken und die größtmögliche Vermehrung einer „rassisch wertvollen“ Bevölkerung zu befördern.

Unterstützt wurden auch Ehefrauen von SS-Männern, Bräute und Ehefrauen von Polizisten sowie sonstige Frauen, die den rassistisch-biologistischen Idealen der SS entsprachen und ihre Schwangerschaft vor der Öffentlichkeit verheimlichen wollten.

Um die Geheimhaltung wahren zu können, unterhielt der „Lebensborn“ eigene polizeiliche Meldeämter und Standesämter. Es wurden auch nachträgliche Trauungen vollzogen, den Müttern Arbeitsstellen vermittelt oder die Kinder der ledigen Mütter in „arischen“ Pflege- oder Adoptivfamilien untergebracht. Frauen konnten ihre Schwangerschaft, die Geburt und sogar das Kind selbst vor der eigenen Familie, dem Arbeitgeber und den staatlichen Behörden verbergen.

In den „Mütterschulen“ der Heime wurden Schulungen in SS-konformer Weltanschauung sowie in Haushaltsführung, Kinderpflege und Krankenbetreuung angeboten.

Im Deutschen Reich existierten die Heime „Hochland“ in Steinhöring bei München, „Pommern“ in Bad Polzin, „Friesland“ in Hohenhorst bei Bremen, „Harz“ in Wernigerode, „Kurmark“ in Klosterheide bei Berlin, „Taunus“ bei Wiesbaden, „Sonnenwiese“ in Kohren-Sahlis bei Leipzig, „Schwarzwald“ in Nordrach (Baden), „Franken I“ auf dem Bocksberg in Ansbach-Schalkhausen, „Franken II“ in der Heil- und Pflegeanstalt Ansbach sowie in der enteigneten Villa von Thomas Mann in München.

Schließlich folgten Heime im „angeschlossenen“ Österreich: „Ostmark“, später „Wienerwald“ bei Wien, „Neulengbach“ in St. Pölten und „Alpenland“ im Schloss Oberweis bei Gmunden am Traunsee.

Geraubte Kinder

Während des Zweiten Weltkrieges erweiterte sich der Aufgabenbereich des „Lebensborn“: Himmler ordnete die „Eindeutschung“ von Kindern aus Polen, Norwegen, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Jugoslawien, der Sowjetunion, Rumänien und der Tschechoslowakei an. Man nahm zehntausende Kinder den Eltern weg oder verschleppte sie aus Waisenhäusern. Anderer Kinder Eltern waren als Angehörige des Widerstands gegen das NS-Regime ermordet worden.

Der „Lebensborn“ wirkte maßgeblich daran mit, diese geraubten Kinder, die gewaltsam umerzogen und mit deutschen Namen und neuen Geburtsdaten und -orten versehen wurden, an deutsche Pflege- oder Adoptionsstellen zu vermitteln.

Entsprechend kamen weitere Heime hinzu: „Heimstätt“ im Regierungsbezirk Zichenau, „Moselland“ in Bofferdingen bei Luxemburg, „Ardennen“ in Wegimont bei Lüttich, „Westland“ (später „Westwald“) bei Chantilly, „Gelderland“ in Nimwegen, ein Mütterheim in der Villa Kanjel in Maastricht sowie zahlreiche Einrichtungen im besetzten Polen und vor allem in Norwegen, dessen Bevölkerung als „rassisch hochwertig“ bewertet wurde.

Aufgenommen wurden auch Mütter „germanischen Blutes“, die Kinder von Angehörigen der Wehrmacht und SS-Formationen, die gleichfalls „germanischen Blutes“ sein sollten, erwarteten. In der Nachkriegszeit wurden diese unehelichen Kinder deutscher Besatzer, die „Kriegskinder“, in ihren Herkunftsländern als „Bastarde“ und ihre Mütter als Kollaborateurinnen und „Deutschenflittchen“ verunglimpft und diskriminiert.

Viele der zwangsgermanisierten und der in den „Lebensborn“-Heimen geborenen Kinder sowie der sonstigen „Kriegskinder“ erfuhren zeitlebens nichts über ihre wahre Abstammung. Jene, die etwas ahnten oder wussten und ihre Herkunft hinterfragten, stießen nicht selten auf Mauern des Schweigens. Viele suchen bis heute nach ihren Wurzeln.

Denn bis heute fällt es Betroffenen schwer, schriftliche Belege ihrer wahren Identität zu finden. Gründe sind die strenge Geheimhaltung zur Zeit der Geburt bzw. nach dem Raub aus den ursprünglichen Elternhäusern, das bewusst verschleiernde Verfahren der Beurkundung und Aktenführung, Umerziehung und Umbenennung der Kinder sowie die gezielte Vernichtung von Unterlagen bei Kriegsende.

Quellen zum Thema Lebensborn

Das ergiebigste Quellenmaterial zum Thema „Lebensborn“ ist in den „Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution“ zugänglich. Der Suchdienst des Roten Kreuzes war in der Nachkriegszeit mit der Klärung des Verbleibs insbesondere der zwangsgermanisierten Kinder und ihrer Rückführung in die Herkunftsländer befasst. Allen Betroffenen sowie Forschern und Forscherinnen ist zu empfehlen, sich zuerst dorthin zu wenden. Das Bundesarchiv verfügt über ergänzende Archivunterlagen. Wertvoll für die individuelle Schicksalsklärung sind insbesondere die „Kartei über Geburten in Heimen des Lebensborn e. V.“ und ein Mündelbuch (PDF, 137 KB, Datei ist barrierefrei ⁄ barrierearm).

Wichtig sind ferner die Akten des Rasse- und Siedlungshauptamts-SS, darunter personenbezogene Einzelfallakten aus Heiratserlaubnis-Verfahren, und des Persönlichen Stabs Reichsführer-SS, denen der Verein Lebensborn unterstellt war.

Eine Serie von Akten des Reichsministeriums des Innern weist Namensänderungen nach. Hinzu kommen zahlreiche Sachakten der SS-Verwaltung und diverser weiterer Dienststellen des Deutschen Reichs sowie Bild- und Filmmaterial.

Hier finden Sie entsprechende Recherchehinweise und ein Auswahlinventar.

Einige Unterlagen sind bereits digital verfügbar. Eine Auswahl zeigt die Galerie oben.

Sabine Dumschat, Sabine Gresens und Christine Reibel

Weitere Informationen

  • Säuglingszimmer in einem Lebensbornheim
    Rechercheleitfaden

    Der Verein „Lebensborn“ der SS
     

    Informationen zu den Archivalien zum Verein „Lebensborn“ im Bundesarchiv sowie Recherchehilfen finden Sie auf dieser Seite.

  • Externe Seite

    LeMO - Der „Lebensborn e.V.“ der SS