Bericht zur Buchpräsentation
Die Deutsche Welle berichtete über die Präsentation der Publikation "Honeckers Zuchthaus" und über die Gespräche mit den Zeitzeugen.
MehrPodiumsgespräch zur Vorstellung des Buches „Honeckers Zuchthaus - Brandenburg-Gördern und der politische Strafvollzug in der DDR“ von Tobias Wunschik, Quelle: BStU
Brandenburg-Görden gehörte mit seinen bis zu 3.500 Insassen zu den vier größten Haftorten in der DDR. Dr. Tobias Wunschik (BStU) hat in seiner Studie "Honeckers Zuchthaus" die Geschichte dieses Gefängnisses von 1949 bis 1989 untersucht. Ihn beschäftigen die Schicksale der Gefangenen sowie die Biografien der Verantwortlichen in der Gefängnisverwaltung und bei der Staatssicherheit. Hier im Podcast erzählen zwei ehemalige politische Häftlinge und ein Gefängnispfarrer von ihren Erfahrungen. Zu Beginn stellt der Autor seine Studie vor.
[Jingle]
Sprecherin: "111 Kilometer Akten - [Ausschnitt einer Rede von Erich Mielke: ..ist für die Interessen der Arbeiterklasse!] - der offizielle Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs".
Maximilian Schönherr: Willkommen wann und wo auch immer Sie das hören. Durch diese knappe Stunde führen Sie wie immer Dagmar Hovestädt, die Sprecherin des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und ich, Maximilian Schönherr, Rundfunkjournalist vor allem für den Deutschlandfunk und Erfinder des Archivradios, welches rund um die Uhr Originaltöne aus deutschen Ton-Archiven, also auch aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv, über den Server des SWR streamt.
Dagmar Hovestädt: Es geht heute um die Haft in der SED-Diktatur. Mein Kollege Dr. Tobias Wunschik aus unserem Forschungsbereich hat Ende 2018 eine sehr umfangreiche Studie über ein Gefängnis in der DDR vorgelegt: die Haftanstalt Brandenburg-Görden. Über 1.000 Seiten lang hat er die Geschichte dieses Gefängnisses in der DDR recherchiert und analysiert. Wie eine Gesellschaft mit dem Strafvollzug umgeht sagt eben immer auch viel über ihre generelle Verfasstheit aus.
Maximilian Schönherr: Görden – um mal ein paar Zahlen zu bringen – ist ein Stadtteil von Brandenburg an der Havel mit rund 9.000 Einwohnern, ungefähr 100 km westlich von Berlin und genau zwischen Berlin und Magdeburg. Die Bundesstraße 106 führt direkt durch Görden. Zehn Minuten von Görden nach Westen mit dem Fahrrad über das platte Land tut sich dann ein großer Gebäudekomplex auf nämlich die Justizvollzugsanstalt Brandenburg mit zur Zeit gut 400 männlichen Häftlingen und gut 300 Angestellten. Die Gebäude sind 90 Jahre alt, galten in der Weimarer Zeit als vorbildlich für den Strafvollzug. Die Nationalsozialisten haben hier, neben Berlin-Plötzensee, ihren zweiten großen Hinrichtungsort aufgebaut. Die Sowjets, nach dem Zweiten Weltkrieg, nutzten die Lokalität ebenso wie die DDR später.Tobias Wunschik, den wir gleich hören werden, ist ein ausgewiesener Experte des DDR-Strafvollzugs. 2014 hat er sich mit der Häftlingsarbeit in DDR-Gefängnissen beschäftigt, "Knastware für den Klassenfeind" hieß das Werk.
Dagmar Hovestädt: Das hat für einigen Wirbel gesorgt damals. Dabei ging es nicht darum, dass in Gefängnissen die Gefangenen zum Arbeiten angehalten werden. Das ist durchaus üblich in allen Gesellschaften, aber es kommt darauf an, unter welchen Bedingungen. Und weil ja ein deutlicher Anteil an Häftlingen politische Häftlinge waren, war es besonders pikant, dass auch West-Deutsche und auch west-europäische Unternehmen Möbel, Bettwäsche oder auch Stahl in den Gefängnissen der DDR produzieren ließen.Diese neuere Studie jetzt zu Brandenburg-Görden, die im Titel exakt "Honeckers Zuchthaus – Brandenburg-Görden und der politische Strafvollzug der DDR 1949 – 1989" heißt, vertieft das Thema Haft und viele andere Themen des Gefängnisalltags in einer Diktatur am Beispiel. Einem Zuchthaus, das wie schon viele in Deutschland in den Jahrzehnten davor als Gefängnis diente. Erich Honecker saß dort seine langen Haftjahre unter den Nazis ab. Wir haben zusammen mit der Robert-Havemann-Gesellschaft und dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht das Buch in der "Stasizentrale.Campus für Demokratie" mit drei Zeitzeugen im April 2019 präsentiert. Das ist die Veranstaltung, die wir heute gekürzt in den Podcast nehmen.
Maximilian Schönherr: Als ich das zum ersten Mal gehört habe, dachte ich mir: Wie ging es eigentlich den Gefangenen in diesem Zuchthaus? Und das wird in unserem Podcast erst ganz am Ende deutlich. Also ich rate Ihnen dranzubleiben oder vorzuspulen, denn da bekommt man einen Eindruck, was in der Haftanstalt tatsächlich der Alltag war. Und es hat immer eine besondere Intensität, wenn Zeitzeugen das erinnern, was auch in der Version der Stasi in den Akten steht oder über Wissenschaftler:innen in fundierten Studien gegossen wird. Insofern ist der Podcast heute zweigeteilt. Zuerst gibt Tobias Wunschik eine Übersicht zu seiner Studie und dann melden wir beiden uns nochmal, um zu den Zeitzeugenberichten überzuleiten.
Dagmar Hovestädt: Genau, also hiermit zunächst die Kerninhalte der Studie, präsentiert vom Autor Tobias Wunschik.
Tobias Wunschik: Die neue Studie zum politischen Strafvollzug in der DDR behandelt alle seine Aspekte: Die Gefängnisse, die Insassen, die Haftbedingungen und die Staatssicherheit. Als Beispiel hierfür dient stets Brandenburg-Görden, doch etwa die Suizidzahlen, mindestens 500 Menschen suchten den Freitod in den Gefängnissen der DDR zusammengenommen. Die Gefängnisseelsorge oder die Strafvollzugspolitik à la SED betrafen natürlich sämtliche Gefängnisse in der DDR. Politischer Strafvollzug in der DDR bedeutete nicht zuletzt, dass die Politischen gegenüber den Kriminellen benachteiligt wurden. Sie konnten sich geringere Hoffnungen auf vorzeitige Entlassung machen und- oder auch in den Genuss der begehrten Kalfaktoren Stellen zu kommen. Ihnen widerfuhr per se eine strengere Behandlung ohne das sie durch Fehlverhalten hierfür Anlass gegeben hätten.Zum Strafvollzug: Die Leiter der Haftanstalten waren für die Zitat: "Konsequente Verwirklichung der Beschlüsse und Dokumente der SED verantwortlich." Die SED-Führung ernannte die Gefängnisleiter und bestimmte bis ins Detail die Haftbedingungen und die Amnestie. Nach Kriegsende war zunächst die Justiz für den Strafvollzug zuständig gewesen, doch sie favorisierte vergleichsweise moderne Erziehungskonzepte und experimentierte mit einer Gefangenenselbstverwaltung. So übertrug die SED-Führung der politisch zuverlässigeren Volkspolizei die Führung des Strafvollzugs in den Jahren 1950 bis 1952. Parlamentarische Kontrollgremien die Sachsen und Thüringen eingeführt hatten, wurden jetzt wieder abgeschafft. In Brandenburg-Görden stolperte Gefängnisleiter Heinz Marquardt 1954 darüber, dass der Häftling Alfred Lauterbach nicht nur aus dem Gefängnis ausbrechen konnte, sondern es gleich bis nach Westberlin schaffte. Und dies zusammen mit dem Aufseher Horst Bock, der ihn eigentlich hatte bewachen sollen. Neuer Gefängnisleiter wurde Fritz Ackermann, der Zitat: "Sämtliche Erleichterungen für die Gefangenen abschaffte und sich gerne selbst rühmte, der strengste Gefängnisleiter in der DDR zu sein." Allerdings auch die Aufseher hatten unter ihm wenig zu lachen. Auf seinem vorherigen Posten hatte er eine Sekretärin, die eine Schreibarbeit nicht termingerecht fertiggestellt hatte, über Nacht zusammen mit neun männlichen Strafgefangenen in eine Zelle gesperrt und so die terminlich korrekte Fertigstellung der Unterlagen erzwungen. So lamentierte ein Aufseher Ende 1956 über den autoritären Führungsstil Ackermanns: "Überall wird der Stalinismus beseitigt. Nur in unserer Dienststelle nicht." Weil er Herr im Hause sein wollte, torpedierte er sogar die Arbeit der Staatssicherheit. Deren Hauptamtlichen Mitarbeiter in Brandenburg-Görden ließ er, kurz nach Dienstantritt, den Schlüssel für die Zellentrakte abnehmen und das Telefon abklemmen. Wer als IM die Staatssicherheit informiere denen drohte er Zitat: "Mit barbarischen Maßnahmen." Leisten konnte er sich die Extratouren, weil er als Mann der Sowjets galt, weil er einen guten Draht zu Innenminister Dickel hatte und weil er der SED treu ergeben war. Allerdings überspannte er den Bogen als er Anfang der 80er Jahre für sich, sowie für zehn leitende Offiziere seiner Haftanstalt, Eigenheime bauen ließ durch die Gefangenen. Die Staatssicherheit hätte ihn eigentlich vor Gericht stellen müssen, doch dies hätte zu viel Staub aufgewirbelt. Man begnügte sich mit seiner Berentung.Zu den Haftbedingungen: Die Haftbedingungen in der DDR verletzten international anerkannte Normen. Etwa was den Kontakt zum Rechtsanwalt oder die Mindestdauer der Freistunde betraf. Die Haftwirklichkeit war oft durch sinnlose Regeln und Willkür geprägt. Übergriffe der Aufseher wurden teils auf explizite Weisung von Oben Zitat: "Oberflächlich untersucht". Teils ermittelte die Staatssicherheit sogar gegen diejenigen, die die Vorwürfe einer Gefangenenmisshandlung thematisiert hatten und drehte damit den Spieß einfach um. Die Gefängnisverwaltung versuchte die Gefangenen ideologisch zu indoktrinieren, von diesen ironisch "Rotlichtbestrahlung" genannt. Doch dies war kaum von Erfolg gekrönt. Speziell in Brandenburg-Görden agierte vielmehr über viele Jahre hinweg eine konspirative, illegale Zelle von politischen Häftlingen. Diese Widerstandsgruppe betrieb Sabotage, sie bereitete einen Ausbruch vor und schaffte es Nachrichtenverbindungen bis in das Bundeskanzleramt zu Adenauer aufzubauen. Dies gelang ihr mit Kassibern, die in Gegenständen verborgen waren, wie etwa einem Schachbrett. Später war das Hören von Westradio mit selbstgebauten Miniatur-Radios weit verbreitet. Ende der 70er Jahre formulierten einzelne Häftlinge eine illegale Knastzeitung, Brandenburger Hammer genannt. Sie nahmen dazu Fotos aus dem Neuen Deutschland, dass ja ausgeteilt wurde, waren in den Besitz von Papier gelangt und formulierten dort ironisch eine eigene Strafvollzugszeitung der Haftanstalt Brandenburg. Dann gab es ein fingiertes Interview mit Anstaltsleiter Ackermann und links oben sehen Sie diese Stahlstreben, die aus Beton Fertigteilen oft nach oben noch ragen und darunter schrieben sie "Letzte Handgriffe an dem neuen DDR Wohnungsbautyp, Friedrich Dickel, der kürzlich in Rostock-Lichtenhagen errichtet wurde. Vorteil: Hundert Prozent Gitter!" Wir schmunzeln über diesen ironischen Einspruch den zwei Häftlinge da erhoben haben. Aber sie selbst bezahlen es mit neun und fünf Jahren Nachschlag, wegen staatsfeindlicher Hetze.Zu den Gefangenen: Zwischen 1949 und 1989 durchliefen etwa 700.000 Personen die Untersuchungs- und Strafvollzugsanstalten der DDR. Je nach zugrundeliegender Definition befanden sich darunter 170.000 bis 280.000 politische Gefangene. Brandenburg-Görden zählte zu den vier am stärksten belegten Haftorten in der DDR. Lag der Anteil der Politischen je Anfang der 50er Jahre noch über 90 Prozent, betrug er Mitte der 60er Jahre noch etwa 50 Prozent und zehn Jahre später noch etwa 20 Prozent. Die anfänglich größte Häftlingsgruppe stellten die nach Befehls 201 verurteilten. Diese vermeintlichen oder manchmal auch echten, aber eher kleinen, NS-Täter erhielten auf Weisung von Erich Mielke selbst dann keine Haftverschonung, wenn Ärzte ein entsprechendes Attest oder eine Anweisung ausgaben. "Selbst Halbtote rennen nämlich weg nach dem Westen," so die wörtliche Begründung des späteren Chefs des Staatssicherheit. Nach Brandenburg-Görden gelangten nun Zeugen Jehovas, Spione, hochkarätige politische Gegner des SED Regimes, eben jene, die dann im Sommer 1956 nach Bautzen 2 verlegt wurden. Es kamen dann die letzten verbliebenen Waldheim-Gefangenen, die letzten Workuta-Häftlinge und Wirtschaftsverbrecher nach Brandenburg-Görden. Die Studie beinhaltet auch etliche Einzelbiographien von Gefangenen und zwei der poträtierten werden wir gleich ja noch selber hören.Zur Staatssicherheit: Obwohl der Strafvollzug in der DDR offiziell dem Ministerium des Innern unterstand, führte die Staatssicherheit eine Art Oberaufsicht. Dies bewerkstelligte bis Ende der 50er Jahre in Brandenburg-Görden ein Hauptamtlicher Mitarbeiter, Ende der 70er Jahre fünf und 1989 schließlich zehn. Und dies obwohl der Anteil der politischen Häftlinge in dieser Zeit immer weiter gesunken war. Die Erklärung hierfür liegt in dem teils ausufernden Sicherheitsdenken der Staatssicherheit. Diese konzentrierte sich auf die politischen Häftlinge. Die Bewachung der gewöhnlichen Kriminellen oblag der Arbeitsrichtung 1/4 der Kriminalpolizei, die ihrerseits ebenfalls Spitzel unter den Gefangenen warb, sogenannte Inoffizielle kriminalpolizeiliche Mitarbeiter, IKM. Diese beiden Geheimpolizeien, die in Brandenburg-Görden agierten, waren dienstlich eigentlich zur Koorperation gezwungen. De Facto rivalisierten sie miteinander. Grotesker Höhepunkt war, dass die Apparate sich wechselseitig ihre Zuträger enttarnten. Gewissermaßen alte testamentarisch: nimmst du meinen besten Mann, nehme ich dir deinen besten Mann. Insgesamt arbeiteten zuletzt etwa 5 Prozent der Gefangenen und 12 Prozent der Aufseher als Spitzel. Denn die Aufseher konnten sowohl über ihre Kollegen, wie auch über die Gefangenen Informationen beibringen, wohingegen die Gefangenen meist nur über ihresgleichen berichten konnten. Ein Werbungsversuch eines Häftlings begann meist mit der Aufforderung des späteren Führungsoffiziers sich über die Haftbedingungen und über die Aufseher zu beschweren. Und welchem Gefangenen wäre nichts dazu eingefallen. Erst später wurde beiläufig auch nach den Mitinsassen gefragt, die um die es eigentlich ging. Umgekehrt bei den Aufsehern. Oft trat die Staatssicherheit nach einer Beförderung an sie heran und suggerierte, der Karrieresprung sei der eigenen Einflußnahme geschuldet und Dankbarkeit jetzt angebracht. Die Aufseher sollten zunächst nur über die Gefangenen berichten und erst später wurden sie auch nach den Kollegen gefragt. Also genau das umgekehrte Muster, wie bei der Anwerbung von Häftlingen.Wie aber ging es den Gefangenen, die ihrerseits im Visier der Staatssicherheit standen? Manfred Wilhelm und Frank Tornow werden uns gleich dazu noch berichten, soviel sei vorweg gesteckt. Die Staatssicherheit konnte natürlich jederzeit Häftlinge, die ihr besonders gefährlich zu sein schienen, in den Arrest stecken. Mitunter erließ die Staatssicherheit auch ein Schweigegebot für alle Aufseher und Kalfaktoren, die mit dem Betreffenden in Berührung kamen. Ließ derjenige sich gar nicht einschüchtern, folgten sogenannte Zersetzungs- und Verunsicherungsmaßnahmen. Zu diesem Zweck wurde dann beispielsweise das Gerücht gestreut, der Betreffende, der sich gar nicht kleinkriegen ließ, bei dem handle es sich um einen Spitzel der Stasi, sodass er von seinen Gesinnungsgenossen und Leidensgefährten gemieden wurde. Dies konnte gar zu einer Persönlichkeitsveränderung führen, wie die Staatssicherheit sich selbst auf die Fahnen schrieb. Der lange Arm der Staatssicherheit reichte weit. So gab es Gefangene in Brandenburg-Görden, die über die gesamte Dauer ihrer Gefangenschaft ausschließlich mit solchen Gefangenen und Aufsehern in Kontakt kamen, die Spitzel der Staatssicherheit waren. Und als Johannes Drews, er sitzt noch ganz bescheiden in der letzten Reihe, sein Amt als Gefängnisseelsorger in Brandenburg-Görden antrat, dann waren bei dieser Dienstversammlung alle Anwesenden, außer ihm selbst, Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit. Und auch der Strafvollzugspsychologe von dem man vielleicht einen Beitrag zur Resozialisation erwarten können, war in Wirklichkeit ein Offizier im besonderen Einsatz des MfS.Ein ganz kurzer Vergleich zum Heute und zum Westen: Moderne Rechtsstaaten lassen Öffentlichkeit, Medien, Justiz und Parlament hinter die Gefängnismauern blicken, weil es wenig zu verbergen gilt. Das SED-Regime hingegen setzte auf Geheimhaltung. Auf eine Rechtssprechung, meist nur vor handverlesenem Publikum, auf ein Schweigegebot für Haftentlassene, dass sie teils unterzeichnen mussten, auf die offensive Vertuschung von Misständen, die Tarnung der Gefangenentransporte und die Desinformation der Öffentlichkeit. Dennoch wusste man im Westen eigentlich mehr über den Strafvollzug, als man bislang annehmen konnte. Durch aus der Haft Entlassene und dann Geflüchtete bis 1961, ab 1963 durch freigekaufte Häftlinge, durch fahnenflüchtige Aufseher oder durch Familienangehörige von Inhaftierten, die in den Westen reisen durften, durch alle diese Informationsstränge wurden doch etliche Informationen im Westen bekannt. Zudem durften Delegationen des internationalen Roten Kreuzes und der britischen Labour Party Party bis 1960 einige Haftanstalten offiziell inspizieren, darunter auch Brandenburg-Görden. Wenn Sie wissen möchten, wie ein Potemkinsches Dorf errichtet wird, dann lesen Sie bitte dieses Buch.Eine kurze Zusammenfassung: Für den DDR-Strafvollzug war somit charakteristisch, dass besondere Bemühen um Abschottung gegenüber der freien Welt die Schlechtbehandlung der politischen- gegenüber den kriminellen Gefangenen, das intensive Wirken der Staatssicherheit und die zentrale Rolle der SED in der Strafvollzugspolitik. Letztlich unter ihrer Anleitung wurden die politischen Gefangenen schlecht be- und gelegentlich misshandelt. Dies wiegt umso schwerer, wo doch viele Funktionäre im Nationalsozialismus selbst inhaftiert gewesen waren, so wie Erich Honecker in seinem Zuchthaus Brandenburg-Görden.Vielen Dank!
[Jingle]Sprecher: Sie hören:Sprecherin: 111 Kilometer Akten –Sprecher: …den offiziellen Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs.
Maximilian Schönherr: Bevor jetzt also diejenigen sprechen, die dieses Zuchthaus in den 1980er Jahren erlebt haben, sollten wir einige Dinge ansprechen, die in den Erinnerungen anklingen, die aber nicht jedem so geläufig sind.Silke Klewin moderiert das Gespräch. Sie leitet seit 20 Jahren die Gedenkstätte Bautzen, die sich im Gebäude des ehemaligen Stasi-Knasts Bautzen II befindet – heißt irgendwie "Die gelbe Pest" oder so ähnlich, ne?
Dagmar Hovestädt: Nee, "Das gelbe Elend".
Maximilian Schönherr: "Das gelbe Elend".
Dagmar Hovestädt: Ja.
Maximilian Schönherr: Sie ist also auch eine Person, die sich mit der politischen Haft in der DDR sehr gut auskennt.
Dagmar Hovestädt: Ihre drei Zeitzeugen sind Manfred Wilhelm, den seine Hobbyleidenschaft für Flugzeuge in den Knast brachte. Frank Tornow, der zu einer Handvoll Maoisten in der DDR gehörte, die unter dem Namen "Sektion DDR der KPDML" quasi im Untergrund und mit Unterstützung west-deutscher Linker gegen die SED-Machthaber kämpfte, bis er verhaftet wurde. Und Johannes Drews, der in den letzten anderthalb Jahren als Gefängnisseelsorger die Haftanstalt unter DDR-Leitung und danach auch dann betreute.
Maximilian Schönherr: So und jetzt erläutern wir ein paar Begriffe, die einfach so fallen. Quasi um vorzubereiten. Workuta ist ein sowjetisches Straflager, Zwangsarbeiterlager des Gulag-Systems.
Dagmar Hovestädt: Waldheim. Das steht für den größten Massenprozess gegen NS-Täter und auch politische Gefangene der DDR. Über 3.400 Personen wurden dort in wenigen Wochen abgeurteilt. Dieser Prozess fand im Zuchthaus Waldheim in Sachsen im Jahr 1950 statt.
Maximilian Schönherr: Dann kommt die Haftanstalt Rummelsburg vor, wo das Essen angeblich besser war. Das ist eine Haftanstalt der Volkspolizei im Berliner Stadtteil Rummelsburg, in der in den 1970er und 80er Jahren mehrere tausend Männer in Haft saßen.
Dagmar Hovestädt: Bautzen II, hatten wir gerade schon angesprochen, die Stasi-Haftanstalt im sächsischen Bautzen, [betont: neben der generellen] Haftanstalt Bautzen I.
Maximilian Schönherr: StGB ist die Abkürzung für Strafgesetzbuch und §213 im DDR-Strafgesetzbuch seit 1968 der "ungesetzliche Grenzübertritt" – also die Inanspruchnahme von Reisefreiheit Richtung Westen.
Dagmar Hovestädt: Und schließlich die "Sektion DDR der KPDML". Das ist eine linksextreme Splittergruppe in der Bundesrepublik gewesen, die auch über lange Jahre unter Beobachtung des dortigen Verfassungsschutzes stand. Und die haben in den 1970er Jahren quasi konspirativ eine Sektion in der DDR eingerichtet. Diese Gruppierung stand der SED sehr ablehnend gegenüber, weil sie eben Maoisten waren und den realexistierenden Sozialismus unter der Führung der SED nicht als ideologisch streng genug gesehen haben.
Maximilian Schönherr: Wären sie in der DKP gewesen, wäre es okay gewesen. Aber KPDML war wirklich Gift, weil es die Hardcore-Maoisten waren. Auch im Westen.
Dagmar Hovestädt: Genau, die haben halt in der DDR ein paar Anhänger gefunden und das hat die Stasi massiv auf den Plan gerufen, auch wenn es nicht wesentlich mehr als vielleicht zwei Fußballteams plus ein paar dutzend Sympathisanten gewesen sind, die sich da zu dieser Sektion rund herum versammelt haben.Jetzt also die Erinnerungen der Zeitzeugen. Silke Klewin leitet das ein.
Silke Klewin: Ich heiße Sie herzlich Willkommen Herr Drews, Herr Wilhelm, Herr Tornow. Und ich freu mich wirklich, dass Sie sich alle bereiterklären, uns über Ihre Erlebnisse und Erfahrungen hinter den Gittern und Mauern von Brandenburg-Görden zu erzählen.Beginnen würde ich gern mit Herrn Tornow. Sie waren zwischen 1983 und '85 in Brandenburg-Görden inhaftiert und der Grund für Ihre Verurteilung war Ihr ungewöhnliches Hobby. Sie sind ein "Planespotter" und erklären uns vielleicht am besten, was Ihr Hobby ausmacht. Und wieso dieses Hobby dazu führte, dass man Sie in Brandenburg-Görden inhaftierte.
Frank Tornow: Ja, das sind Leute, die sich für Flugzeuge interessieren, auf verschiedene Art und Weise. Manche stehen auf die Technik, manche Leute auf Anstriche, manche auf die Geschichte und den Einsatz. Manche interessieren sich so für die Zeilennummern – ist also variabel. Also die gibt es ja heute auch, hat sich ja immer weiter verbreitet.
Silke Klewin: Das heißt Sie lieben Flughäfen und Flugzeuge und fotografieren diese. Und haben dann eben auch Unterlagen und Materialien getauscht mit anderen Planespottern.
Frank Tornow: Ja, ja. Ja. Nachdem die West-Berliner nach Ost-Berlin kommen konnten, das war dann 1973, habe ich den ersten westlichen Planespotter in Schönefeld getroffen und hab den angesprochen, er möchte mir mal sein Fernglas geben und dann sind wir sozusagen in Kontakt gekommen. Und dann haben wir uns gegenseitig Briefe geschrieben. Er hat mir Informationen geschickt, ich habe Informationen bekommen und wir haben Farb-Dias – kennt man ja – getauscht.
Silke Klewin: An welcher Stelle wird Ihr Hobby und Ihr Tun für die Staatssicherheit zu einem Problem?
Frank Tornow: Weil ich später einen Menschen kennenlernte, der für den West-Berliner Tagesspiegel immer in der Samstagskolumne immer über Luft halt Allgemein geschrieben hat. Und den kannte ich und wir haben auch Bilder ausgetauscht und Zeitungen und so weiter, ne.
Silke Klewin: Und dann wurden Sie 1981 festgenommen.
Frank Tornow: Ja. Ja.
Silke Klewin: Gab es einen besonderen Anlass? Wie und wo wurden Sie festgenommen?
Frank Tornow: Es wurde ja auch noch ein anderer festgenommen, der war Leiter des Luftfahrtclubs Otto Lilienthal. Aber was sie dem genau vorgeworfen haben, da bin ich nicht draus schlau geworden. Und die Planespotter-Szene, die war dann durch die Stasi mit IMs durchsetzt und man schob mir auch irgendwelche Dinge unter. Also in meinem Prozess wurden bloß vier Dias beschlagnahmt, die angeblich als Beweis dienen sollten, die noch nicht mal von mir waren, ja.
Silke Klewin: Sie wurden dann verurteilt.
Frank Tornow: Ja, fünfeinhalb Jahre und ich hab neun Monate U-haft hier in der Magdalenenstraße gehabt.
Silke Klewin: Genau, mir geht es nämlich kurz darum, nachzuzeichnen wie Ihr Weg nach Brandenburg-Görden verlief.
Frank Tornow: Ja dann haben sie mich erstmal nach Rummelsburg verfrachtet.
Silke Klewin: Aber ganz kurz nochmal: weswegen sind Sie verurteilt worden?
Frank Tornow: § 97 StGB der DDR. Spionage.
Silke Klewin: Genau, das heißt also: Die Staatssicherheit hat Ihrem Hobby unterstellt, es erfülle den Tatbestand der Spionage.
Frank Tornow: Ja!
Silke Klewin: Und Sie sind dann zunächst nach Rummelsburg gekommen und dann nach einem Jahr nach Brandenburg-Görden.
Frank Tornow: Ja, das war dann im Juni 1983.
Silke Klewin: Herr Wilhelm, an Sie die gleiche Frage. Sie sind im Gegensatz zu Herrn Tornow, der dezidiert [betont: kein] Kritiker und auch kein Feind der DDR war, der DDR gegenüber kritisch eingestellt gewesen. Sie haben schon als Jugendlicher beschlossen, Sie möchten eigentlich lieber in Australien leben und ich weiß jetzt gar nicht genau wie Ihre Jugend verlaufen ist, vielleicht können Sie das kurz umreißen. Wo kommt Ihre Unzufriedenheit her?
Manfred Wilhelm: Das ist eine sehr komplexe Sache. Viele Dinge, das hört man ja heute immer noch, da sagt man: Ja, die waren ja gar nicht so schlecht in der DDR. Ne, Kindergärten, Lehre, Schule, Ausbildung überhaupt. Gut, nun ist das nicht jedem zugänglich gewesen. Nicht jeder durfte studieren und da habe ich meine ersten Erfahrungen in der Schule machen dürfen. Ich muss dazu sagen, mein Berufswunsch der war also ähnlich wie bei Herrn Tornow. Ich wollte also Flugzeugmechaniker werden. In Schönefeld. Und es wurden Bewerbungen losgeschickt und ich wurde eigentlich angenommen. Und nun war es in der DDR so, viele die da gelebt haben, die kennen das: Es lief vieles über "Vitamin B" – also Beziehungen. Also, die Eltern unterstützten halt ihre Kinder wo sie nur konnten, das war also überall üblich, also auch in der westlichen Welt, ne. Dass die Eltern für ihre Kinder da sind. Mein Vater unterstützte mich und der Vater meines Freundes; noch heute Freundes, unterstützte seinen Sohn. Mein Vater starb und Burkhardt kam eben dran. Gut, dann war der Job also auch weg. Zweite Enttäuschung.Ja und so baute sich das Alles also irgendwie zufällig, willkürlich und doch systematisch irgendwie auf.
Silke Klewin: Sie sind '69 beim Versuch die DDR zu verlassen festgenommen worden und waren das erste Mal inhaftiert.
Manfred Wilhelm: Ja.
Silke Klewin: Fast zwei Jahre in Rummelsburg.
Manfred Wilhelm: Ja.
Silke Klewin: Und danach haben Sie aktiv versucht, die DDR zu verändern. Was waren die Versuche? Flapsig gesagt: Haben Sie versucht, die DDR von links zu überholen?
Manfred Wilhelm: Na ja, nee. Die Sache entwickelte sich halt ja irgendwie. Ich saß damals wegen Republikflucht und sagte mir: Na ja, also welche Alternativen hat man? Damals wurde noch nicht so großzügig freigekauft zu dieser Zeit, wie in den 80er Jahren. Und nun wurde ich in die DDR entlassen und nun? Welche Alternative hat man, wenn man jetzt also den Wunsch weiterhin hegt, die DDR verlassen zu wollen. Da wird's halt eng. Sich vor der Mauer erschießen zu lassen ist eine ganz schlechte Alternative. Und nun hab ich gesagt: Na okay, dann machst du dich ein bisschen "unbequem". So in Anführungsstrichen. Machst mal ein paar Witzchen, erzählst irgendwelche Stories. Und so habe ich es dann auch gehandhabt. Also viele politische Witze erzählt im Freundeskreis und im erweiterten Freundeskreis, Partys, Gaststätten. Und dann wurde ich mal irgendwann beiseite genommen und da hat er gesagt: Du sag mal, bist du denn verrückt? Was machst du denn da, willst du in den Knast kommen? - Ja, vor allem passte es denn alles, ne. – Nee, nicht in den Knast kommen. Du kannst das, was du jetzt da tust, das kannst du positiv machen. – Ich sag: Was ist jetzt positiv? So und dann waren da Leute, Bekannte, die ich selbst kannte von früher aus der Schulzeit, natürlich aus dem Umkreis in Grünau, die mich da so in die Geheimnisse der Konspiration und des Widerstandes und so einweihten halt. So war der Einstieg halt.
Silke Klewin: Sie wurden im März '81 verhaftet.
Manfred Wilhelm: Ja.
Silke Klewin: Und da fehlt uns jetzt aber ein bisschen der Anschluss, weil aus den Erzählungen lässt es sich nicht herleiten, warum man Sie verhaftet hat und dann zu einer für die Zeit sehr ungewöhnlich hohen Strafe von acht Jahren wegen "Staatsfeindlicher Hetze" verurteilt hat.
Manfred Wilhelm: Man muss dazu folgendes sagen: In Grünau ist heute so ein bisschen bieder, damals war es ganz extrem, eine Siedlung, wo viele Intellektuelle wohnten. Selbst Stephan Heym hat damals draußen sein Häuschen gehabt. Und viele ehemalige Regisseure, selbst so Randgrößen des SED-Regimes wie Minister und so hatten ihre Häuschen draußen in Grünau. Und dementsprechend waren die Kinder auch da, also die in meinem Alter waren, und die zum Teil also die Realität Zuhause mitbekamen und dachten: Nee, was geht hier alles schief!?Die kannten aber nicht so diese Sprüche von wegen "Neckermann macht's möglich, Ulbricht aber nicht" sondern die kannten die Widersprüche Zuhause. Wenn jemand also Regisseur oder Dramaturg bei der DEFA war und Widerstandsfilme gedreht hatte, also darstellte wie der Widerstandskampf damals gegen die Nazis war, und dann selber merkt, dass Zuhause also nicht alles so ganz und gar lief. Oder im Freundeskreis bei denen nicht alles so lief. Dann haben die Jugendlichen, die dann später meine Freunde wurden, sich umgetan und haben gesagt: Das muss doch irgendwie anders gehen! Und informierten sich auf linker Ebene. Es bildete sich eine Gruppe, die links engagiert war, interessiert war und dann wurden Verbindungen aufgezogen und organisiert, nach West-Berlin und West-Deutschland. Und da kamen dann Leute, die für alles ein Rezept hatten – sage ich mal so. Die wussten, wo der Frosch die Haare hat. Die erklärten uns: Also Jungs, jetzt ist alles ganz geheim und das Rad braucht ihr nicht neu erfinden, Karl Marx war vor euch da und dann gab es noch Lenin. Dann wurde erstmal so eine Studiergruppe, ein Zirkel gegründet, der Später in die Sektion DDR der KPDML mündete.So und ich hatte die große Ehre, der führende Arbeiter zu sein – der einzige. [lacht] Und ich bin natürlich prädestiniert gewesen dann als Gallionsfigur dort aufzutreten. So ist das, die Kurzfassung halt.
Silke Klewin: Pfarrer Johannes Drews. Sie sind seit Ende 1988 als Gefängnisseelsorger in Brandenburg-Görden tätig. Und mich interessiert auch Ihr Weg nach Brandenburg-Görden. Wie sind Sie dazu gekommen, sich zu bewerben? Ich glaube, Sie haben sich ja beworben auf dieses Nebenamt, was Sie ja dann übernommen haben. was war Ihre Motivation, was wollten Sie erreichen?
Johannes Drews: Ich habe mich nicht dafür beworben, denn so geht es bei uns in der Kirche nicht. Da sagt der Bischoff: Geh mal da hin, da brauchen wir dich! So kam ich in die Pfarrei Premnitz und dort, in dieser kleinen Gemeinde, war diese Aufgabe mit dran. Und so wurde die Bitte auch an mich herangetragen, ob ich Gefängnisseelsorge in Brandenburg übernehmen würde. Und ich habe mit großer Freude Ja gesagt, weil ich dafür innerlich sehr motiviert war.In den Jahren von 1975 bis '78, wo ich schon mal in Brandenburg war, hab ich erstes gehört von diesem Tabuthema Gefängnis. Da bekam man ja in der Stadt kaum was von mit – und wollte auch nichts mit zu tun haben. Und dort in der Gemeinde gab es aber einige, die als Facharbeiter in den Betrieben mitarbeiteten. Die hatten auch Zivilangestellte dort in der JVA. Und dann gab es andere, die Gefangene besucht haben und, das werden Sie auch wissen, das war ein unheimlicher Stress für Leute, die sie dort besuchten, weil man vorher nicht wusste: wird der Besuch zugelassen oder nicht? Dann bekam man die Auflage, nichts von dem dort erfahrenen weiterzuerzählen. Und so kamen Besucher von Gefangenen schon in dieser Zeit zu mir und haben den geschützten Raum beim Pfarrer gesucht, um ein wenig zur Ruhe zu kommen und davon zu erzählen.Ganz im Hintergrund, ich hatte es eben schon verraten, spielt sicher psychologisch auch mit, dass mein Großvater, der mich sehr geprägt hat, von 1945 bis '48 in Sachsenhausen unter den Russen inhaftiert war. Eine schlimme Zeit, von dem ganz wenigen, was ich davon gehört habe. Bis heute ist Sachsenhausen für mich ein Schreckensort und mein Vater war 1950 für sieben Monate in Potsdam in der Bauhoftstraße inhaftiert, weil er von West-Berlin nach Ost-Berlin Flugblätter transportiert hat. Wir alle sind damals oft hin und her gefahren, das war ja damals möglich, weil meine Großmutter väterlicherseits im Wedding wohnte. So habe ich diese Aufgabe sehr gerne übernommen.
Silke Klewin: Herr Tornow, mich würde wirklich sehr interessieren, wie Sie sich heute erinnern an Ihre Haftzeit in Brandenburg. Erzählen Sie uns doch bitte von Ihren Erlebnissen.
Frank Tornow: Zunächst würde ich mal sagen, was Dr. Wunschik erklärt hat, dass nichts ohne die Regie der Stasi geschehen ist, zum Beispiel die Belegung, wo man hingekommen ist. Ich bin auf einer Zelle mit 12 oder 13 Mann gelegt worden. Und das war allesdurchmischt. Da waren dann Kriminelle, Leute mit lebenslänglich, 15 Jahre, Mörder. Einer der war wegen einem Verkehrsdelikt da. Andere waren wegen § 213 da. Zwei waren wegen Goldschmuggel oder sagen wir mal wegen Goldhandel zwischen West-Berlin und Ost-Berlin drin. Und ich war einer mit dem § 97, Spionage, und auf meiner Zelle war noch jemand, der war aus Dresden, der hatte § 100. Das ist, glaube ich, irgendwas mit "Staatsfeindliche Nachrichtenübermittlung" und so. In Verbindung mit Fluchtvorbereitung und so weiter.
Silke Klewin: Wie ging es Ihnen in der Haftzeit?
Frank Tornow: Ich habe Rummelsburg kennengelernt und dann nach Brandenburg und muss sagen, von der der Ernährung war Rummelsburg absolut Müll, ja. Ich bin abgemagert bis zu 55kg und bin nach Brandenburg gekommen wie ein halber Hungerhaken. Und die Arbeit war dafür in Rummelsburg besser und in Brandenburg wieder schlechter, ne. Da habe ich bei der HVB - Holzverarbeitung Burg gearbeitet und habe sozusagen Küchenmöbel da zusammen gezimmert. Also wenn man zu Hause einen Küchenschrank hat, ich hab zum Beispiel die Schubfächer gemacht.
Silke Klewin: Sie haben versucht nicht anzuecken, das war Ihre Strategie mit diesen Hafterfahrungen umzugehen und trotzdem sind Sie dann aber ins Visier der Staatssicherheit geraten?
Frank Tornow: Da bin ich vorher reingeraten. Da kam ja irgendein Stasi-Mensch und wollte mich da anwerben und da muss es irgendein Strategiepapier gegeben haben, wie man mit mir umgeht, was man mit mir vor hat. Da wollte man mich als Agenten werden irgendwie und dann hat man mir Geld angeboten. Ja, die Stasi gab mir Geld.
Silke Klewin: Damit sollten Sie quasi als Stasi-Spitzel sich den anderen Häftlingen- Haben Sie sich jetzt bereit erklärt für die Staatssicherheit zu arbeiten im Knast?
Frank Tornow: Die haben mich erpresst.
Silke Klewin: Das erzählen Sie uns doch bitte. Wieso waren Sie erpressbar? Wie hat das funktioniert?
Frank Tornow: Das war durch meine Eltern. Mein Vater war querschnittsgelähmt und meine Mutter war krebskrank, die worden dann auch bespitzelt, die sind doch dauerhaft unter Druck gesetzt worden, ne. Deswegen war ich auch erpressbar, aber ich hab dann auch mal Märchen erzählen oder so.
Silke Klewin: Und dann haben Sie aber die Zusammenarbeit mit der Polizei aufgekündigt?
Frank Tornow: Nee, ich hab gar nichts aufgekündigt, die haben das von sich aus eingesehen, dass mit mir nichts anzufangen war. [Lachen] Ja, die können mich mal sozusagen. Dann hab ich denen erzählt, das ist ja noch so ein Kuriosum, was mir passiert ist, wenn man die Geografie von Brandenburg-Görden sieht, dann hat man mich auf Haus 2 Zelle 32 gepackt, das ist Ausrichtung nach Norden und im Norden war mein Hubschraubergeschwader. Ich konnte sie jeden Tag sehen und ich wusste immer was da passiert.
Silke Klewin: Ich würde Sie bitten, Herr Wilhelm, dass Sie uns erzählen, wie Ihre Erlebnisse in Brandenburg-Görden aussahen und insbesondere: Was unterschied politische Gefangene von kriminellen Gefangenen? Wie war das Verhältnis zu einander? Gab es Übergriffe? Gab es Besonderheiten?
Manfred Wilhelm: Als ich in Brandenburg ankam, wussten die Leute, die Häftlinge, schon, dass ich komme, weil der RIAS hatte schon rumposaunt, dass der politische Häftling Manfred Wilhelm, viele haben auch gesagt "Der Linksextremist", ist nach Brandenburg verlegt worden. Dann warteten die Leute, die zum Beispiel wegen Mord, Totschlag oder schweren Raub verurteilt waren, auf mich und konnten sich nicht vorstellen, dass ein sogenannter Kommunist, Linksextremist, wie auch immer, erstmal von der Stasi eingesperrt wird, dass der überhaupt inhaftiert wird, das war nicht richtig zu begreifen. "Die konnten den nirgendwo hinstecken." "Schauen wir mal, was da kommt." "Schick mal die rote Socke her, dann werden wir uns den mal angucken!". Und dann ist die Neugier immer groß. "Was haste denn gemacht?" Nun, wie erkläre ich einem Schwein, wie ein Schnitzel schmeckt? Das geht nicht. Ich kann dir nichts erzählen irgendwie. Egal was ich ihnen gesagt hätte, die hätten es nicht begriffen. Nicht weil sie doof waren, sondern weil es einfach nicht ihre Welt war. Die hatten von der ganzen Thematik keine Ahnung. Die wussten nur soviel: Die DDR war sozialistisch, die Roten waren eine Macht und das da ein Roter jetzt da eingesperrt ist, da stimmt was nicht. Da ist irgendwas faul und höchstwahrscheinlich ist der Typ faul. Das liegt ja Nahe, sonst wäre der nicht eingesperrt. Wer weiß, was der gemacht hat, ne?
Silke Klewin: Und jetzt wollten Sie noch erzählen, wie das Verhältnis trotzdem untereinander sich verhält.
Manfred Wilhelm: Gut, die Sache war erst unter dem Politischen erst schwierig, die wussten ja auch, dass ich da bin. Dann ist da natürlich eine andere Herangehensweise gewesen, die kamen vorsichtig natürlich auch an, weil die meisten waren natürlich aus gut bürgerlich oder religiösen Gründen da in Brandenburg, weil sie übersiedeln wollten.
Silke Klewin: Entschuldigung, aber ich wollte auf eine andere Geschichte hinaus. Wir haben nämlich im Vorfeld telefoniert und diese Geschichte hatte mir so gut gefallen, dieser Begleitschutz, das Begleitschutzfliegen.
Manfred Wilhelm: Das ist ja eine Sache, die resultiert ja auf Vertrauen, das muss man ja erstmal aufbauen untereinander. Weil die versuchten nun rauszubekommen, wer ich nun bin und merkten sehr schnell, dass ich keine Vorteile genoss im Zuchthaus und da kam man dann ins Gespräch. Da ich da auch körperlich angegangen wurde dort von Kriminellen, weiß ich nicht ob es im Auftrag der Stasi, der Gefängnisverwaltung oder aus eigener Böswilligkeit war, keine Ahnung, fand jedenfalls statt. Nur als Beispiel: Zählappell, stehst da im Flur, wird durchnummeriert, dann steht plötzlich ein Mithäftling vor dir, guckt dir tief in die Augen und zieht dir plötzlich das Knie an und das trifft dann auch eine Gegend, die einem Mann auch weh tut, grinst dabei höhnisch, aber dann entstehen dabei auch Reaktionen auch von meiner Seite aus. Und dann baut sich eine Gewaltspirale auf, wo sich schnell Gegensätze, Parteien rausbilden und da die politischen Gefangenen, die Übersiedler, merkten, ok das ist kein Weichei, der wehrt sich auch, der fängt jetzt nicht an zu jammern, sondern mit seinen Möglichkeiten, die er hat, setzt er sich zur Wehr, dadurch wurden die Kontakte hat enger und besser. Nicht nur besser, sondern intensiv, würde ich sagen. Es ist schwierig, weil die konnten mit mir natürlich genauso wenig anfangen. Das ist klar, völlig unstrittig. Ich kann nicht sagen, dass ich da sofort willkommener Gast war bei den Leuten. Das ist ja klar.
Silke Klewin: Ihnen hat die Geheimpolizei in Brandenburg-Görden sehr übel mitgespielt, können Sie uns davon kurz erzählen? Es hat doch ein richtigen Plan zur Zersetzung gegeben.
Manfred Wilhelm: Die Sache ist halt so, dass ich persönlich das Gefühl hatte, dass fast jeder zweite da, der irgendwie der deutschen Sprache mächtig war und da waren sehr viele davon als IMs tätig. Da jetzt irgendwo vertrauen, dass man sich unterhalten kann z.B. über persönliche Probleme sich unterhalten kann, war sehr schwierig gewesen. Und das ging eigentlich nur unter den politischen Gefangenen und das sah die Stasi natürlich nicht so gerne, ist klar. Die versuchten gegenzusteuern, die schlossen mich rüber da in ihr Gebäude, sperrten mich da, hatte ja keine Uhr gehabt, aber gefühlt einen halben Tag, in eine Zelle ein, ohne irgendwelche Extra wie Verpflegung. Irgendwann kam wieder einer, holte dich ab und brachte dich wieder zurück. So nun kam man da zurück und dann guckten alle: "Na kommste gerade von drüben von der Stasi? Alte Ratte! Was haste wieder erzählt?" Da sag ich: "Mit mir hat keiner gesprochen!" Du kannst uns viel erzählen, wir waren nicht dabei!" Und gleichzeitig fingen sie dann an, also Leute aus dem Umfeld der Mithäftlinge von mir die Zellen oder irgendwas zu durchsuchen. Da in Brandenburg hat jeder irgendwas gehabt, da wurde man ständig fündig. Der eine hat ein Kocher gehabt zum Kaffee kochen oder ein Radio, dazu die Batterien oder Kopfhörer. Irgendwas wurde immer gefunden und der Schaden war dann groß und der Schuldige stand fest, das war dann in dem Fall ich gewesen, weil mich haben sie ja rüber geholt und ich hab dann alles erzählt. Als wenn ich wüsste, wo in der Nachbarzelle irgendjemand sein Radio versteckt oder so. Das wussten sie zum Teil ja selber nicht die Idioten. Blos man hats halt geglaubt, man hat es so suggeriert. Ja, dann war ich halt der Schuldige und dann wurde versucht ne gewisse Pogromstimmung da aufzubauen. "Die Linken halten alles zusammen!" und was weiß ich. Ganz, ganz komische Situation da entstanden, muss ich so sagen.
Silke Klewin: Herr Drews, können Sie uns erzählen welche Spielräume Sie hatten? Was konnten Häftlingen Gutes tun? Wie waren Ihre Einflussmöglichkeiten?
Johannes Drews: Ich hab da angefangen und das erstaunliche war, dass der Anstaltsleiter Udo Jahn mir gegenüber erst einmal ließ oder fragte mich, wie ich mich Gefängnisseelsorge vorstelle. Ich wusste natürlich, dass ich das nicht darf, aber trotzdem hab ich gesagt, ich möchte Einzelgespräche und Gruppengespräche führen. Zu meinem Erstaunen gab er sich vor seinen anderen Offizieren, die gleichrangmäßig waren, die Blöße zu sagen: "Ich fände das gut und notwendig, aber ich darf Ihnen nur Gottesdienste erlauben alle 4 Wochen und Sie dürfen nicht mit den Gefangenen sprechen. Sie dürfen keinen Kontakt mit ihnen haben." Interessant fand ich ein Major, der für Kultur und politische Bildung zuständig war, Major Zech, der sagte dann auf dem Weg ins Hafthaus, wo er mir den Gottesdienstraum zeigen wollte: "Wissen Sie unser Anstaltsleiter der spinnt manchmal ein bisschen. Dit is so ein kultureller Mensch der hat Fanatsien, hier ist Strafvollzug und Strafe muss Strafe sein!" Der versuche das also gleich wieder zurecht zu rücken. Ich habe aber von Gottesdienst zu Gottesdienst eigentlich das durchbrochen. Ich habe den Gefangenen die Hand gegeben, vom Gottesdienst deren Friedensgruß. Beim nächsten Mal habe ich sie mit Handschlag begrüßt und wieder verabschiedet. Beim übernächsten Mal hab ich gesagt: "Jetzt kennen wir uns vom sehen, sagen Sie mir doch auch mal Ihren Vornamen, dass ich Sie ansprechen kann." Und ein großer Teil war am Schluss des Gottesdienstes, wo ich von den Veränderungen in der Gesellschaft draußen erzählte und wo die Gefangenen auch von Unruhen drinnen erzählten, das war alles vor den Augen der Polizei und natürlich ein ganz spannende Angelegenheit, aber echt was tun, konnte ich leider nicht, aber das änderte sich dann glücklicherweise nach einem knappen Jahr im späten Herbst 89.
Silke Klewin: Sie sind am 5. Dezember 1989 in die Lage versetzt worden durch die Häftlinge diese begleiten zu können und da haben sie das erste mal auch intensive Einblicke unter anderem in die Hafträume erhalten. Können Sie uns davon noch kurz erzählen?
Johannes Drews: Am 5. Dezember, diesen Tag werde ich nie vergessen, war eine große Pressekonferenz, die durch die Gefangenen durch Arbeitsniederlegungen, Hungerstreik und ähnliches erzwungen war, Vormittags zu Anfang mit der Anstaltsleitung und Generalmajor Lustiger und das war dann schon eine sehr peinliche Sache, da kam auch zu Sprache warum der Seelsorger keinen Kontakt zu den Gefangenen haben darf. Von da an hatte sich dann alles geändert. Mittags führten uns Gefangene von einer Gefangenenvertretung in Gruppen durch die Anstalt, in die Hafträume, in die Arbeitsbereiche, die Hafthäuser und ich muss sagen, es war grausam. Genau wie sie sagten, so eine kleine Zelle mit 12 Leuten, da war ich drauf. Da waren, glaub ich, 3 oder 4 Stühle, nicht einmal jeder hatte ein Stuhl, die Betten zwei- oder dreifach übereinander, ein Tisch, ein Klo in der Ecke ohne jede Abtrennung. Gefangene erzählten mir, wenn denn jemand krank war, eine Erkältung hatte oder Durchfall, dann haben die anderen ihn auch verprügelt, wenn er nachts darauf ging und alles stank und keiner schlafen konnte. Hauptsächlich die Bilder von der ELMO sind mir in Erinnerung geblieben. Die ELMO, Elektromotorenwerk Wernigerode, war einer der großen Betriebe. In Brandenburg waren ja im Durchschnitt 3.000 Gefangene oft mehr, das kann man sich ja gar nicht vorstellen, eingepfercht. In diesem Elektromotorenwerk worden die ganz großen Motoren gewickelt von Hand. Die Gefangenen hatten deswegen kaputte Hände und das war grausame Arbeit. Ich erinnere mich in der Ecke war eine Toilette, das war ein einziger Rostfleck und Schande, war nicht mehr und daneben ein Waschbecken, wo sie sich eventuell mal einen Tee kochen konnten. Ein Stück weiter in der großen zugigen Halle waren oben ein paar Rohre angebracht und ein kleiner Folienvorhang, da konnte sie dann nach der Arbeit dann duschen im kalten in dem Zug der Halle. Es war einfach grausam. Nach dieser Führung war dann noch sehr beeindruckend eine Pressekonferenz und Podiumskonferenz mit über 100 Gefangenen noch einmal 3 Stunden. Es war ein beeindruckender Tag.
[Jingle]
Maximilian Schönherr: Das war zuletzt Johannes Drews. Gefängnispfarrer in Brandenburg-Görden und die ehemaligen politischen Häftlinge Manfred Wilhelm und Frank Tornow. In der Moderation von Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen. Sie alle fanden sich zusammen im April 2019 um die Studio Tobias Wunschik über Honeckers Zuchthaus zu diskutieren.
Dagmar Hovestädt: Und nun zu unserer akustischen Begegnung mit dem Archiv der Schlusston eines von über 22.000 Audiodokumenten aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv.
Maximilian Schönherr: Hängt mit nichts vorher zusammen, aber ist natürlich im ganzen Themenkomplex durchaus wichtig.
[schnelles Tonspulen]
Elke Steinbach: Mein Name ist Elke Steinbach und ich kümmere mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen um die Audioüberlieferung des MfS. Auf einer Dienstberatung mit den Leitern aller Hauptabteilungen 1981 zur Sicherung von Dienstobjekten und Wohngebieten des MfS, wird auf die zunehmende Gefährlichkeit von Informationen durch Spione hingewiesen. In knapp vier Stunden geht es unter anderem um die Erkennung und Liquidierung von Spionen, den Umgang mit Handwerkern und Besuchern, bauliche und technische Sicherungsmaßnahmen, die Versorgung mit Nachrichtengeräten. Und zur Veranschaulichung der Bedrohung wird sogar eine schriftliche Weisung des BND an dessen Spione zitiert.
[Sprecher:] Die Gefährlichkeit jedes Sch- von Informationen jedes Spions, seine subjektive Bewertung im blinden Hass gegen uns, nimmt zu. Was schon darauf hinweist den Kampf zur Liquidierung von Spionen und vorbeugenden Verhinderungen von Spionage zu erhöhen. Hierfür spricht auch ein weiterer Gesichtspunkt: Nämlich die Erkenntnis, dass die rechtzeitige Aufklärung und Verhinderung von Spionage und Liquidierung von feindlichen Aufklärern zur frühstmöglichen Bekämpfung und Verhinderung solcher subversiver Angriffe, wie Terror und Diversionshandlungen, beiträgt. Denn in der Regel geht ihnen ja das Auskundschaften der hierfür besonders geeigneten neuralgischen Punkte und Möglichkeiten voraus.
[Schnitt]
[Sprecher:] In einer schriftlichen Weisung des BND an einen Spion heißt es denn auch: "Was interessiert uns im Einzelnen? [Husten aus dem Publikum] Diese Frage ist an sich ganz einfach zu beantworten. Grundsätzlich alles, was in irgendeiner Form mit dem MfS, seinen Mitarbeitern und seiner Tätigkeit im Zusammenhang steht. Jeder Hinweis Ihrerseits, mach [mag] er Ihnen noch so dürftig und bedeutungslos erscheinen, trägt dazu bei, das Bild über diese Institution zu vervollständigen und abzurunden."Und an anderer Stelle in dieser Weisung heißt es: "Sollte sich unter Ihren Nachbarn [Husten aus dem Publikum] ein Hauptamtlicher [Husten aus dem Publikum] MfS-Mitarbeiter befinden oder sollten Sie in einem Lokal, Sportblatt, Sportverein oder bei einer Veranstaltung mit ein' MfS-Angehörigen bekannt werden, so versuchen Sie sein Vertrauen zu gewinnen. Mel'n [melden] Sie uns alles, was Sie au- unauffällig über seine Person, seine Familienverhältnisse, seine MfS-Arbeit: wo beschäftigt, welche Funktion und welchen Dienstgrad, seine Lebensgewohnheiten, sein Bekannten- und Verwandtenkreis sowie seine charakterliche Veranlagung, insbesondere über seine menschlichen Schwächen, feststellen können." In Klammern dieser Anweisung: "Beachten Sie bitte, dass Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter häufig unter anderem Namen auftreten. Melden Sie uns daher stets, ob es sich bei dem Namen des von Ihnen beschriebenen MfS-Mitarbeiters um seinen bürgerlichen oder um seinen falschen Namen handelt." Soweit diese Weisung.Genossen, beachten wir also dabei, dass solche Orientierungen des Geheimdienstes nicht nur für die gegenwärtige gezielte Arbeit gegen Mitarbeiter von Bedeutung sind, sondern auch für die strategische Zielsetzung des Feindes in Zeiten zugespitzter Klassenkampfsituationen gedacht sind, in der auch terroristische Maßnahmen in Betracht gezogen werden.
[Jingle]
Sprecher: Sie hörten:
Sprecherin: "111 Kilometer Akten
Sprecher: den offiziellen Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs."
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Die Deutsche Welle berichtete über die Präsentation der Publikation "Honeckers Zuchthaus" und über die Gespräche mit den Zeitzeugen.
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