Bestandsübersicht MfS-Bezirksverwaltung Suhl
Auf dieser Seite finden Sie eine Bestandsübersicht zu den Unterlagen der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Suhl.
MehrMaximilian Schönherr und Sascha Münzel, Quelle: Stasi-Unterlagen-Archiv
Im Thüringer Wald produzieren seit Mitte des 19. Jahrhunderts Familienbetriebe gläsernen Weihnachtsschmuck. Zu DDR-Zeiten war diese Produktion auch für die Suhler Bezirksverwaltung der Stasi ein Aufgabengebiet. Zunächst galt es die Enteignung und Verstaatlichung der Familienbetriebe abzusichern und dann später den Verkauf des zerbrechlichen Export-Schlagers zu befördern. Sascha Münzel, Historiker in der Außenstelle Suhl, erzählt von seiner Recherche.
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Sprecherin: "111 Kilometer Akten - [Ausschnitt einer Rede von Erich Mielke: ...ist für die Interessen der Arbeiterklasse!] - der offizielle Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs".
Dagmar Hovestädt: Willkommen zu dieser Folge, die wir Ihnen kurz vor Weihnachten 2021 präsentieren. Wir, das sind Maximilian Schönherr, Journalist und Archiv-Nutzer und ich Dagmar Hovestädt, Leiterin der Abteilung Kommunikation und Wissen im Bundesarchiv Stasi-Unterlagen-Archiv.
Maximilian Schönherr: Ich habe für diese Folge das Stasi-Unterlagen-Archiv in Suhl besucht. Suhl liegt in Thüringen. Es geht heute um Christbaumkugeln, aber auch und eigentlich um ein Grundprinzip des kommunistischen Staatswesens, nämlich die Enteignung, manchmal auch Verstaatlichung genannt.
Dagmar Hovestädt: Meinen Kollegen, der Historiker Sascha Münzel, mit dem du dich trafst, kenne ich als einen sehr engagierten Entdecker lokaler Geschichten in den Stasi-Unterlagen. Das ist ein Teil seines Jobs, das auch für die Öffentlichkeitsarbeit in Suhl zu tun. Und er hat in seinen Vorträgen schon über viele spannende Begebenheiten, die in den Stasi-Akten dokumentiert sind, berichtet. Aus dieser früheren Grenzregion zu Bayern. Suhl liegt natürlich auch heute noch an der Grenze zu Bayern. Nur diese ist eben Gott sei Dank keine scharf bewachte Grenze zwischen zwei deutschen Staaten mehr.
Maximilian Schönherr: Sascha Münzel hat mich am Bahnhof Suhl abgeholt. Damit begann eine kleine Stadtrundfahrt. Suhl lag im Nebel und ich verlor von den vielen Hochs und Runters, also die teilweise dreispurige Straßen mit vielen Kurven, die wir fuhren, die Orientierung. Zunächst ging es zur ehemaligen Stasi-Zentrale. Dort beginnt auch unser Gespräch. Anschließend bewegen wir uns ans gefühlt andere Ende der Stadt, in eine weitgehend leerstehende Kasernensiedlung. In einem dieser langgestreckten Kasernengebäude befindet sich das Stasi-Unterlagen-Archiv von Suhl.
Dagmar Hovestädt: Dieser Plattenbau am Stadtrand in dem der Suhler Archivstandort untergebracht ist, das war früher einmal eine Offiziershochschule der DDR Grenztruppen. Und wo ihr zuerst wart auf der sogenannten Burg, da war zu DDR-Zeiten also auch zur friedlichen Revolution 1989/90 die Bezirksverwaltung Suhl des Ministeriums für Staatssicherheit, Bezirksverwaltung kurz BV genannt. Die Akten wanderten nach der Besetzung dieser BV zunächst für eine kurze Zeit in die Suhler Untersuchungshaftanstalt der Stasi und am Anfang 1992 an den Ort, wo sie auch heute noch liegen, auf den Suhler Friedberg. Der Bezirk Suhl hatte übrigens unter anderem wegen seiner langen Grenzlinie zu Bayern eine doch sehr hohe Dichte von Parteimitgliedern, Grenztruppen und Menschen, die als linientreu eingestuft waren.
Maximilian Schönherr: Die Stasi auf der Burg in Suhl überblickte sinngemäß das südliche Thüringen, auch den Glasbläser und Christbaumschmuck Ort Lauscha, 60 Kilometer östlich davon. Die Weihnachtsbaumkugeln, Sterne, Engel und so weiter von dort waren weltweit exportierte Markenartikel. Damit gehörten die Betriebe in Lauscha zur sozialistischen Planwirtschaft. Der Plan also, was in welcher Menge produziert für die eigene Bevölkerung und für den Export bereitgestellt wurde, hat die Sozialistische Einheitspartei SED festgelegt. Und das Organ, um das zu überwachen, war der Inlandsgeheimdienst der DDR, eben die Stasi.
Dagmar Hovestädt: Maximilian, das ist schon wieder ein kleines Triggerwort für mich, der "Inlandsgeheimdienst". Da haben wir öfter schon mal in den vielen Folgen uns drüber unterhalten. Ich finde das gar nicht so ein passendes Wort für die Stasi, auch wenn sie eben nach innen hin gewirkt hat. Aber das finde ich fast ein bisschen verharmlosend die Stasi als einfachen Inlandsgeheimdienst zu bezeichnen, weil sie einfach viel stärker auf die normale Bevölkerung ihre Aktivitäten ausgedehnt hat. Und das ist ein bisschen so, als würde das gleichbedeutend sein mit dem, was man heute unter einem Inlandsgeheimdienst versteht.
Maximilian Schönherr: Ist es nicht der lexikalische, der enzyklopädische, offizielle Begriff? Also egal, ich will es ja auch nicht bagatellisieren. Ist ganz schlimm gewesen alles, aber-
Dagmar Hovestädt: Nee, aber das ist ja meine Befindlichkeit, das ich denke, man kann sich gut überlegen, ob man Worte nimmt, die vielleicht technisch passend sind, aber die eben eine Assoziation haben, die dem Gegenstand an sich dann gar nicht adäquat ist. Insofern würde ich das Wort Inlandsgeheimdienst für die Stasi vermeiden, weil es die viel weitergehende und auch repressive Art, die die Stasi hatte, eben nicht wirklich trifft. Jenseits der Diskussion darüber, ob man nun Inlandsgeheimdienst sagen kann oder nicht, war die Stasi ja im Auftrag der Partei unterwegs. Ihr ganzes Wirken stand immer unter der Maxime, die SED zu schützen und ihre Macht zu festigen. Das war der Leitstern und insofern kann man schon auch sagen, dass sie eine Befehlsempfängerin war und in dem Sinne das schöne Wort, das du gerade auch schon gebraucht hast, ein ausführendes Organ.
Maximilian Schönherr: Jedenfalls war die Sache mit den glänzenden Kugeln kein gemütliches Kunsthandwerk mehr, sondern Stress, Spitzel, Produktionsdruck, Reklamationen.
Dagmar Hovestädt: Bevor wir zu viel verraten, starten wir.
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Maximilian Schönherr: Herr Münzel, wo sind wir gerade?
Sascha Münzel: Wir sind in Suhl in der ehemaligen Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit in der Hölderlinstraße, war eine berüchtigte Adresse bis 1989, und von hier aus befehligte der Generalmajor Gerhard Lange bis 1989 etwa 1.700 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Maximilian Schönherr: Die hier ihre Büros hatten. Wir sind jetzt im Innenhof. Hier können ungefähr 20 Autos parken jetzt und da waren deren Büros. Wo wohnten die?
Sascha Münzel: Die wohnten teilweise hier im Umfeld, im MfS eigenen Wohneinheiten, teilweise die typischen Plattenbauten. Hier hatten mehrere Diensteinheiten ihren Sitz, aber zu den 1.700, zu der Zahl die ich nannte, gehören natürlich auch etwa 250 Personen, die in den acht Kreisdienststellen ihren Dienst versahen und die saßen dann eben in den jeweiligen Kreisdienststellen des MfS. Also hier oben etwa 1.300 Personen saßen hier, also auch der medizinische Dienst, die Bank und natürlich operative Diensteinheiten.
Maximilian Schönherr: Und Sie sagen hier oben, wir sind hochgefahren, ordentlich hoch, das ist ziemlich steil gewesen. Das heißt, die MfS Mitarbeiter sind mit dem Fahrrad hoch oder zu Fuß? Weiß man nicht, ne? Also die wenigsten wahrscheinlich mit dem Auto.
Sascha Münzel: Ja, danke noch mal für Ihre Anmerkung hier oben. Genau. Also im Suhler Volksmund heißt dieses Gelände hier oben "die Burg", weil es quasi über der Stadt thront. Wie so eine Zinnburg, wie so eine Trutzburg. Und ja, die sind gelaufen, die sind mit dem Fahrrad gekommen, einige Herren Abteilungsleiter natürlich mit Chauffeur und es gibt so eine Art Gänse- oder Hühnerleiter. Das ist so eine kleine provisorische Treppe, die hier im Hinterhof ist und von dort kam man aus der Suhler Innenstadt hier hoch. Und wir haben im Archiv auch die Bilder dazu, wie das MfS diese Treppe baut.
Maximilian Schönherr: Gehen wir mal gerade zu der Tafel vor. Die ist relativ neu und hinter uns haben wir einen Weihnachtsbaum. Das ist ja eins von unseren Themen, was wir heute behandeln werden. Das ist also ein, würde ich sagen, Poster, ungefähr ein Meter auf eineinhalb Meter groß und nicht für Leute, die sehr klein sind. Es hängt ziemlich hoch. Der Sturm auf die Burg am 4./5. Dezember 1989. Hier sprüht jemand etwas auf die Wand. Welche Wand eigentlich? Die Wand hier?
Sascha Münzel: Die Wand war mutmaßlich die Wand des Wachhauses am Eingangsbereich der Bezirksverwaltung.
Maximilian Schönherr: Also hier ganz um die Ecke?
Sascha Münzel: Genau, hier ganz um die Ecke. Das Haus ist leider abgerissen und man hat leider versäumt, über die vielen Jahre dieses doch wichtige, aus meiner Sicht, Graffiti irgendwie denkmalmäßig, restauratorisch zu sichern. Und ja, diese Tafel, auf die Sie ansprechen, hat vor einigen Wochen der Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Wurschi, im Beisein von dem Präsident des Bundesarchivs und auch von der Vizepräsidentin Frau Titze eingeweiht und thematisiert quasi den Sturm oder so die ersten Schritte so von mutigen Bürgerinnen und Bürgern hier in dieser Stasi Bezirksverwaltung.
Maximilian Schönherr: Wir sehen zwei Personen, der eine sprüht und guckt zu und es ist eine Blitzaufnahme sicherlich von einem Freund von denen. Also das war ja keine Stasi-Aufnahme, dann wären die schon längst-
Sascha Münzel: Also es ist ganz interessant. Ich habe mich oder ich beschäftige mich schon seit ein paar Jahren mit diesem Bild, auch wer diese Person ist, die dort kniend dieses Graffiti anbringt oder dieses Graffiti anbringt. Und das Sie jetzt sofort sagen das ist eine Blitzlichtaufnahme, das ist natürlich auch interessant, weil wer hätte hatte zur damaligen Zeit eben schon Blitzlichter oder mir hat auch mal jemand gesagt, wer hatte zur damaligen Zeit auch so Sprühfarbe zu Hause. Das ist auch nicht so Usus gewesen zu der damaligen Zeit. Also wie gesagt, kurzum ein sehr sehr interessantes Bild.
Maximilian Schönherr: Und wer steht links?
Sascha Münzel: Das kann ich nicht sagen. Das war ein beteiligter Bürger, der sich das anschaut.
Maximilian Schönherr: Mutig?
Sascha Münzel: Extrem mutig war die Nacht vom 04. auf den 05.12. Keiner wusste, dass in den nächsten Wochen das Ende des MfS oder in den nächsten Monaten das Ende der DDR ansteht. Wäre das alles in den Bahnen weiter verlaufen, dass es das MfS noch gegeben hätte, dann wäre der Herr sicherlich mindestens für ein paar Monate, wenn nicht sogar Jahre in den Knast gegangen.
Maximilian Schönherr: Und wie viele Akten konnte man sichern?
Sascha Münzel: Das ist unterschiedlich. Es gab große Vernichtungsaktionen des MfS, beispielsweise in der Kreisdienststelle Neuhaus, wo die Zeitung dann schreibt, dass relativ wenig bis gar nichts gefunden wurde. Wir haben aber auch im Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl beispielsweise andere Kreisdienststellen oder Diensteinheiten, die relativ gut überliefert sind, weil eben auch in dieser Nacht vom 04. auf den 05.12.1989 mutige Bürgerinnen und Bürger diese Vernichtung oder den Abtransport der Akten stoppten.
Maximilian Schönherr: Der schon in Gang war?
Sascha Münzel: Der war definitiv im Gang. Es gibt ein geflügeltes Wort, dass Akten auch hier in so einer Papierfabrik in den Kreis Schmalkalden gelangt sind, wo auch Toilettenpapier hergestellt wurde. Und auch auf dem Gelände der Offiziershochschule der Grenztruppen, wo wir auch gleich hinfahren, wo die Dienststelle ist, Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl, haben auch die operativen Mitarbeiter Akten verbrannt auf dem Übungsgelände.
Maximilian Schönherr: Und wir schließen diesen Besuch in der etwas tristen Innenhof Ambiente schließen wir ab mit einem Menschen, der sich hier erschossen hat.
Sascha Münzel: In der Nacht, es war eine sehr, sehr turbulente Nacht, 04. auf den 05.12, genau, hat sich ein Major der Arbeitsgruppe des Leiters, kurz AGL, die Pistole an den Kopf gesetzt und abgedrückt. Der ist einige Stunden später im Bezirkskrankenhaus gestorben. Es ist eine kleine Mitteilung überliefert, wer ihn aufgefunden hat. Es waren nämlich Kollegen und sie sollen auch einen Zettel gefunden haben. Den haben wir in den Akten noch nicht nachweisen können. Auch noch nicht gefunden, dass er einen Zettel hinterlassen hat mit dem Inhalt: Ich schieße nicht auf mein Volk, denn ich war immer ein anständiger Offizier.
Maximilian Schönherr: Und er war ein hohes Tier hier?
Sascha Münzel: Was heißt hohes Tier? Er war Major. Das entspricht ein Referatsleiter im MfS. Er war kein Oberst oder gar Generalmajor, aber er war operativer Mitarbeiter, war beteiligt an Ausarbeitung von Einsatzplänen, an Verteidigungsplänen und es scheint wohl, dass er schon Wochen vorher Gewissensbisse hatte, was nun jetzt kommt, ob es eine chinesische Lösung gibt, also Einsatz von Gewalt gegen Demonstrierende und wollte sich wohl auch zu eher na ja, so Diensteinheiten versetzen lassen, so Postkontrolle oder an einen Grenzübergang, eben weg von dieser Arbeitsgruppe des Leiters. Das ist in den Akten nachweisbar.
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Sprecher: Sie hören:
Sprecherin: "111 Kilometer Akten -
Sprecher: den offiziellen Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs."
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Maximilian Schönherr: So, wir sprechen über Weihnachtsschmuck. Hieß es Christbaumschmuck oder hieß es Weihnachtsschmuck? Wie haben die Süd-Thüringer das genannt?
Sascha Münzel: Für den Markt, auf dem es westliche Devisen gab, also für das sogenannte kapitalistische Ausland, wurde das Label benutzt "Original Thüringer Christbaumschmuck" und in dem bewusst atheistisch gehaltenen Osten war es dann eher der Weihnachtsschmuck. Aber für den Devisen starken Westen wurde bewusst dieses Label "Original Thüringer Christbaumschmuck" verwendet.
Maximilian Schönherr: Sie haben ein Bild dazu, also ein Scan von einer Akte.
Sascha Münzel: Das ist eigentlich eine kleine Hinweisnotiz der Abteilung M, zuständig für Paket und Passkontrolle. Und denen ist 1978 ein Schreiben aufgefallen, wo sich ein West-Exporteur aufregt, dass die Qualität des Weihnachtsbaumschmucks so schlecht sei. Einiges war kaputt gegangen. Vor allem wurde auch immer darauf verwiesen, dass die Kartonage mangelhaft sei. Und dieses Schreiben haben quasi die Postkontrolleure der Abteilung M rausgefischt und haben es der für Volkswirtschaft zuständigen Abteilung XVIII und auch der Kreisdienststelle Neuhaus zur Verfügung gestellt, die das dann operativ auswerten sollten.
Maximilian Schönherr: Lassen Sie uns diesen Zettel mal gerade genauer anschauen. Der ist ungefähr so groß, wie er hier auf der Website ist.
Sascha Münzel: Nee, der ist vielleicht so groß, wenn man diesen Vergleich anstrengen kann wie so eine Zigarettenschachtel, ist ein ganz kleiner.
Maximilian Schönherr: Ziemlich kleiner und oben ist vorgedruckt, ohne Anschreiben. MfS, also Ministerium für Staatssicherheit, Abteilung M, und so weiter, Betreff: Hinweis auf Probleme beim Export von Glasschmuck und dann KD Neuhaus. Was ist KD Neuhaus?
Sascha Münzel: Vor KD Neuhaus steht auch noch VT, also Verteiler. Und das sollte auch wie gesagt, Abteilung XVIII Volkswirtschaft und auch an die Kreisdienststelle Neuhaus gehen, weil dort im Kreis Neuhaus lag, das Örtchen Lauscha, quasi die Geburtsstätte des Christbaumschmucks, wenn wir jetzt mal bei diesem Begriff bleiben möchten. Dort befanden sich auch die meisten oder auch die wichtigsten Fertigungsstätten für DDR Christbaumschmuck.
Maximilian Schönherr: Warum steht hier BStU, also Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen 0001?
Sascha Münzel: Ja, weil es das erste Blatt in der Akte ist.
Maximilian Schönherr: Und wo sehen wir die Nummer der Akte?
Sascha Münzel: Die ist in der Bildunterschrift zu sehen, dass nämlich die Abteilung XVIII und dort die Archiv Nr. 2495 und dort Blatt 1.
Maximilian Schönherr: Liegt über uns, über Ihrem Büro?
Sascha Münzel: Ich weiß nicht, ob es direkt über uns liegt, aber ja, in den Etagen über uns liegen die Archivbestände hier in Suhl.
Maximilian Schönherr: Gut, jetzt machen wir ein bisschen Geometrie oder Geografie, könnte man sagen, geometrisches Layout. Wir sind in Suhl. Hier geht es um Lauscha, weil da kam der Schmuck her. Und dann haben wir noch Neuhaus. Wie liegen diese Orte zusammen und ist es an der Rhön?
Sascha Münzel: Die Rhön liegt ja westlich von uns, sondern ist eher östlich Richtung Sonneberg, Rennsteig, Thüringer Wald. 50, 60 Kilometer sind es von hier nach Lauscha.
Maximilian Schönherr: Was hat dann Suhl mit Lauscha zu tun?
Sascha Münzel: Das hat damit was zu tun, dass ja in Suhl die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit ihren Sitz hatte, Suhl darüber hinaus ja auch sogenannte Bezirksstadt war und hier auch weitere bezirksrelevante Einrichtungen saßen, Rat des Bezirkes, SED-Bezirksleitung oder auch verschiedene Wirtschaftseinrichtungen, die natürlich auch für das Themenfeld Christbaumschmuck wichtig sind.
Maximilian Schönherr: Also in Lauscha gab es keine Stasi Niederlassung?
Sascha Münzel: Nein, diese Stasi Niederlassung, wie Sie es nennen, also die Kreisdienststelle, die saß in Neuhaus.
Maximilian Schönherr: Wie viel ist von den Neuhauser Akten übrig?
Sascha Münzel: Relativ wenig. Es gibt vom Freien Wort, der Tageszeitung hier, einen Artikel aus der Zeit '89/'90 und da sind Redakteure vom Freien Wort in der damaligen Kreisdienststelle Neuhaus an der schönen Adresse Schöne Aussicht, so lautete die Adresse der Kreisdienststelle, mit der Überschrift "Keine Akten da, alles leer". Also wir haben hier glaube ich eine Überlieferung, die wohl nur einige Meter sind.
Maximilian Schönherr: Weiß man was über die Vernichtung, wie das passiert ist? Oder sind die einfach nicht da?
Sascha Münzel: Sie wurden wohl schon Ende Oktober, November, Dezember vernichtet.
Maximilian Schönherr: Das ganze Thema mit dem Christbaumschmuck. Was hat die Stasi da für ein Interesse da was zu machen? Da müssen wir jetzt zurückgehen in den Staat der DDR 1949. Das war ein Traditionsunternehmen hier. Und dann gab es eine Flucht der Experten.
Sascha Münzel: Der Christbaumschmuck hat seine Anfänge hier im Thüringer Wald um die Region Lauscha und es ging los mit Glasbläserwerkstätten, alles Familienbetriebe, Heimarbeit. Und es wurde dann ja, man kann schon sagen europaweit und weltweit verbreitet durch diese findigen Sonneberger Spielzeughersteller, die das eben schon nutzen konnten, weil die hatten sich ihre Netzwerke schon für das Spielzeug aufgebaut und nutzen diese jetzt für den Christbaumschmuck. Und Ihre Frage: Was hat die Staatssicherheit damit zu tun? Die war natürlich damit beauftragt, jetzt beispielsweise Unmutsbekundungen im Zuge der Verstaatlichung dieser Heimarbeit zu kontrollieren, dagegen vorzugehen. Und sie hatte auch, das hatten Sie auch schon angesprochen, die sogenannten Experten im Auge zu behalten, die nämlich nach Oberfranken abgewandert sind und dort teilweise auch die heutige Christbaumschmuck Produktion in Nord-Bayern aufgebaut haben.
Maximilian Schönherr: Fand diese Abwanderung der Experten nach Westdeutschland schon 1949 statt oder dauerte das eine Weile? Anders gefragt: Die Enteignung, wie schnell ging die und war die komplett? Hat man nicht irgendeinen Betrieb verschont?
Sascha Münzel: Ich glaube, das kann man auch an anderen Wirtschaftsfeldern relativ gut durchdeklinieren, sehen Sie Audi oder andere Sachen. Beim Christbaumschmuck war es so, dass viele schon abgewandert sind, als klar war, dass Thüringen Teil der sowjetischen Besatzungszone wird, also '45, dann hat man sich gedacht vielleicht ist das Leben unter den Amerikanern, wirklich nur wenige Kilometer entfernten Unterfranken, das muss man sich vorstellen, dass es nur wenige Kilometer zur bayerischen Grenze, ja, ist das Leben dort besser? Andere haben wieder gesagt: Na ja, Heimat ist Heimat. Wir wollen hier erst mal auch an den angestammten Fertigungsstätten bleiben. Und haben erst mal die nächsten Jahre abgewartet. Aber peu à peu wurden ja dann diese privaten Unternehmen dazu gepresst von dieser DDR Planbürokratie sich gewissen Strukturen zu unterwerfen. Und da schrittweise hat man sich dann eben entschlossen von Familienbetrieben aus in den Westen zu gehen.
Maximilian Schönherr: Das heißt hier wurden alle enteignet?
Sascha Münzel: Ja, alle enteignet, was aber nicht heißt, dass es weiterhin Heimarbeit gab. Das war immer noch ein wichtiges Standbein dieser DDR Christbaumschmuckproduktion. Aber jetzt, dass es signifikante Familienbetriebe zu DDR-Zeit noch gab, das kann ich, glaube ich, auch anhand was ich gelesen habe, nicht herausstellen, sondern es gab zum Ende der DDR den VEB Thüringer Glasschmuck, der Teil war. Es hieß dann Kombinat Technisches Glas Ilmenau. Da war quasi die Christbaumschmuck Produktion eingebettet in Kombinatsstrukturen und dieses Kombinat hieß Kombinat Technisches Glas Ilmenau.
Maximilian Schönherr: Warum eigentlich Thüringer Wald und nicht zum Beispiel die Uckermark? Hing das mit den Erzen zusammen?
Sascha Münzel: Das hat mit den Erzen was zu tun. Holz, ich meine, in der Uckermark gibt es ja auch Wälder und Holz, aber das hat wohl auch was mit den Erzen zu tun.
Maximilian Schönherr: Gut, jetzt wandern also, ich schätze jetzt mal, bis 1952/53 vielleicht die Experten ab, die sind nicht mehr da. Sind dann einige Experten noch da geblieben? Also die Glasbläserei und die Weihnachtskugelfertigung ging ja weiter.
Sascha Münzel: Also definitiv, es sind auch welche da geblieben. Es war jetzt quasi kein Aderlass, dass alle Familienbetriebe abgewandert sind. Es sind Familienbetriebe in signifikanter Zahl abgewandert. Was man natürlich da auch immer wieder sagen muss: Die wandern ja nicht nur mit ihrem Arbeitskräftepotenzial ab. Die nehmen ja auch Patente mit, die nehmen auch Unterlagen mit, die nehmen auch quasi Unterlagen mit: Was kann es für Neuerungen dort geben. Das haben die auch alles mitgenommen.
Maximilian Schönherr: Und war der Output der DDR Produktion hier in Lauscha groß und konnte man preiswert, also international konkurrenzfähig produzieren, sodass dann über Neckermann auch günstige Ware zu kaufen gab im Westen?
Sascha Münzel: Das ist so eine Frage. Damit hat sich auch die Staatssicherheit beschäftigt. Ich kann nur sagen, dass der Christbaumschmuck auf zwei großen Messen jährlich präsentiert wurde. Das eine war die, jetzt im Westen die Nürnberger Spielzeugmesse. Da gab es einen Stand Thüringer Christbaumschmuck und auf der Leipziger Herbstmesse, da wurde auch Christbaumschmuck präsentiert. Und wenn Sie jetzt sagen, die Konkurrenz der DDR Christbaumschmuck hat die größte Konkurrenz darin gesehen, dass vor allem Hersteller, Produzenten aus Oberbayern, aus Bayern in Rivalität zu DDR Christbaumschmuck Produktion stehen. Und da hat sich dann eben auch schon das MfS dahingehend eingeschaltet, dass es für ihren Auftrag die GmbH, die SED detailliert aufgeschrieben hat, wo sind die Stärken und wo sind auch die Schwächen des DDR Christbaumschmucks. Also Stärken, dass es relativ günstig ist, dass man noch diesen bedeutenden Namen hat, quasi so auch als Geburtsstunde des Thüringer Christbaumschmucks. Aber die Staatssicherheit, da gibt es ein Dokument, wo die wo der Leiter der Bezirksverwaltung Suhl das für den Chef der SED hier im Bezirk auflistet. Also es gibt wenig bis gar keine Neuerungen. Die angesprochene Kartonage von mir ist oft sehr mangelhaft. Es gibt auch, wenn Sie das im Westen hatten, da gab es tolle Kartonage mit Blisterverpackungen. Das war alles eher altbacken in der DDR oder auch beispielsweise diese Aufhänger, wo die Kugeln aufgehangen wurden, sehr mangelhaft war. Also die Staatssicherheit listet diese Mängel relativ gut auf.
Maximilian Schönherr: Und hätten wir die Stasi-Unterlagen nicht, wüssten wir eigentlich darüber fast nicht. Aus der Tageszeitung damals die Archive gibt es natürlich noch. Das war natürlich alles stark geprägt, während die Stasi-Unterlagen hier eigentlich die Wahrheit sagen. Sie sagen hier, es gab Probleme beim Export von Glasschmuck, das hätte in der Zeitung nie so gestanden.
Sascha Münzel: In der Zeitung hätte wieder gestanden, dass wieder der DDR Konsummarkt natürlich befriedigt wurde mit vielen Artikeln aus Lauscha, dass nun auch viele Artikel ins westliche Ausland verkauft werden konnten durch die Devisenschaffer der DDR, dass auch der östliche Markt befriedigt werden konnte. Aber beispielsweise in der Tagespresse hätte niemals gestanden, dass die DDR Probleme hatte oder nicht die Probleme, aber dass es Probleme gab beim Silberpreis. Man braucht das, um die Kugeln zu versilbern, braucht man Silber. Dass das relativ teuer wurde und man liest natürlich nicht nur in der damaligen offiziösen Tagespresse, aber auch in den damaligen Unterlagen, die wir vielleicht heute in Staatsarchiven oder in Wirtschaftsarchiven finden, dass man dem Plan hinterherhinkte, dass es Probleme gab mit dem Lack zum Beispiel, das der Lack nicht ordentlich hielt.
Maximilian Schönherr: Das war diese Beschwerde hier gerade, da kam ein Westbürger zurück in die DDR und sagte: "Ich will 20.000 Mark zurück, weil eure Ware ist nicht gut."
Sascha Münzel: Genau. Und so was findet man eben - Ich will nicht komplett ausschließen, dass man so was vielleicht auch in einer Überlieferung in einem Staatsarchiv findet - aber ich gehe fest davon aus, dass wir so was ohne die Stasi-Akten nicht gefunden hätten.
Maximilian Schönherr: Das ist ein unscharf gescannter Brief.
Sascha Münzel: Genau.
Maximilian Schönherr: Da ist irgendwas mit passiert, weil das war natürlich- es ist Tinte. Und was ist da los?
Sascha Münzel: Genau, das ist aus einer IM-Akte. Und das ist ein Auftrag für einen Inoffiziellen Mitarbeiter. Der Inoffizielle Mitarbeiter hieß mit Decknamen Hartmut Bauer.
Maximilian Schönherr: Wissen wir, wie er mit echtem Namen hieß?
Sascha Münzel: Ja, das wissen wir. Er war verantwortlicher Mitarbeiter dort im VEB Thüringer Glasschmuck Lauscha und fuhr als Messe- und Reisekader zur Messe in Nürnberg. Und der Auftrag stammt hier aus den 80er Jahren. Und der Führungsoffizier des Herrn Decknamen Hartmut Bauer hat aufgeschrieben, was er dort machen soll. Erstens soll er, und das steht ja bei ganz vielen oder den meisten IM da, er soll, wenn er hochgenommen wird, natürlich nicht sagen: Ich bin IM des MfS. Aber jetzt konkret auf den Christbaumschmuck soll er die Augen aufhalten: Wie verhalten sich so die Mitarbeiter und Mitarbeiter dort in der Standbetreuung? Er ist ja nicht alleine dorthin gefahren.
Maximilian Schönherr: Also die DDR-Mitarbeiter am Stand auf der Spielwarenmesse in Nürnberg?
Sascha Münzel: Genau, wie verhalten sich die dort? Wie verhalten die sich den Kunden gegenüber? Geben die vielleicht Rabatte? Also um das noch zu sagen in der Fußnote: Die Herren die dort waren, die durften quasi auch verhandeln. Das war jetzt nicht nur Leute, die Prospekte rausgegeben haben, sondern die konnten auch schon mal verhandeln: Hier, ich nehme 100 Sätze von diesem Sortiment und gibst du mir Rabatt? Also solche Verhandlungskader-
Maximilian Schönherr: Ich nehme 2.000 von deinen gelben Engelchen.
Sascha Münzel: Genau, Und dann kann ich dir 10 Prozent Rabatt geben. So ein Herr war der Herr Hartmut Bauer, Deckname Hartmut Bauer.
Maximilian Schönherr: Klammer auf. Wer gab den Spielraum für diese Verhandlungen vor? War das die Partei? Das war ja nicht die Stasi.
Sascha Münzel: Das war definitiv nicht die Stasi, sondern den Spielraum hatte er im Rahmen seines VEBs. Also das wurde quasi vom Direktor dann festgelegt. Pass auf, du bist Messe- und Verhandlungskader und kannst das so festlegen. Und des Weiteren sollte er die bayerische Konkurrenz teilweise ausspionieren. Also was ausspionieren heißt. Also wir sehen es ja hier anonymisiert, sind die Firmen genannt und aufgezählt-
Maximilian Schönherr: Zu deren Stand er gehen sollte.
Sascha Münzel: Zu deren Stand er gehen sollte. Mal schauen sollte, was haben die für Prospekte liegen? Nimm doch da mal ein paar Prospekte mit. Was kann man sagen, was haben die für Neuerungen? So was. Und er sollte auch noch, das haben wir auch bei ganz vielen IM, die quasi grenzüberschreitend tätig waren, er sollte achten, wie ist zum Beispiel die Grenzabfertigung. Was kann man da irgendwie markantes sagen. War beispielsweise dein Reisepass da mal 5 Minuten weg und kam dann wieder und so was sollte er auch machen.
Maximilian Schönherr: Ja. Die Fertigungsmaschinen kamen aus Ostproduktion?
Sascha Münzel: Teils, teils. Da bediente sich ja die DDR-Wirtschaft auch der Erzeugnisse aus dem kapitalistischen Westen. Und auch bei der Christbaumschmuck-Produktion kam es vor, dass Maschinen aus der Bundesrepublik oder eben aus Österreich eingesetzt wurden. Was auch wichtig ist, vielleicht noch als kleine Fußnote: Auch die Staatssicherheit wusste mit diesem Thema Christbaumschmuck-Produktion zu wuchern. Im Archiv ist ein Fotoalbum überliefert und das thematisiert einen Besuch des sowjetischen KGB.
Maximilian Schönherr: Ich hole die Bilder mal gerade ran, die sind eigentlich auch sehr nett.
Sascha Münzel: Genau, die sind hier zu sehen.
Maximilian Schönherr: Das sind ziemlich deprimierende Bilder. Also Schneefotos, Leute mit-
Sascha Münzel: Schapkas.
Maximilian Schönherr: Schapkas, genau. Und da hinten steht ein Trabant und da ist ein Mülleimer beim ein Bild und so weiter. Was hat der KGB hier zu suchen?
Sascha Münzel: Die haben die Genossen der Bezirksverwaltung Suhl besucht, zum 20. Jahrestag der Gründung des MfS 1970. Im Februar waren die hier für eine Woche vor Ort, ein paar quasi Angehörige des sowjetischen KGB. Und die Suhler Stasi-Offiziellen, die zeigten quasi, was man so zu zeigen hatte hier in Südthüringen. Man machte eine Exkursion zu PIKO in Sonneberg, also wo die Spieleisenbahnen gebaut wurden. Man ging mit den zu Simson nach Suhl, zeigte den quasi die Kratt-Fertigung, die Waffenfabrikation und man fuhr sie eben auch nach Lauscha und ging mit ihnen in das Glasmuseum in Lauscha, wo sie dann auch im Anschluss in geselliger Runde einen Heimarbeiter besuchten, der vor ihnen quasi Glas blies. Also auch die Staatssicherheit wusste, dass man, wenn man Besuch hier in Südthüringen begrüßte, man mal einen Abstecher, vor allem wenn es so schön winterlich ist, nach Lauscha macht.
Maximilian Schönherr: Und unter dem deprimierenden Bild mit 5 KGB- oder und Stasi-Leuten steht BStU Nr. 43. Wo haben Sie das Bild gefunden?
Sascha Münzel: Das Bild hatte ich gefunden, dieses Fotoalbum liegt im Zentralarchiv in Berlin-Lichtenberg und es ist ein bebildertes Fotoalbum aus der Überlieferung des Sekretariats des Ministers.
Maximilian Schönherr: In Erinnerung an den Besuch der sowjetischen Kollegen oder Genossen.
Sascha Münzel: Genau, die Genossen hier aus Suhl, die machten quasi für den Minister so ein Fotoalbum und zeigten quasi, dass die Tschekisten aus der vom KGB hier in Suhl waren es Arbeitsgespräch gab. Aber natürlich auch und die Bilder gibt es ja auch gesellige Trinkrunden, wo Geschenke ausgetauscht wurden. Und das schickte man dann den Minister für Staatssicherheit. Und nach der friedlichen Revolution findet man das eben im Archiv in Berlin-Lichtenberg.
Maximilian Schönherr: Aber wie finden Sie das denn? Also wie fängt man die Recherche an, um so ein Album zu finden? Das ist ja Zufall. Sie hatten ja keine Ahnung, dass Sie darauf stoßen. Aber wie ist der Anlauf gewesen?
Sascha Münzel: Der Anlauf ist so für dieses Thema nutzte ich unter anderem unser Sachaktenerschliessungsprogramm und dann kann man nach gewissen Suchkriterien, Suchbegriffen seine Suche eingrenzen oder gezielt nach Begriffen suchen. Man kann quasi eingeben "Lauscha" oder "Christbaumschmuck". Und da kommen dann eben Treffer, je nachdem, wo Archivmaterial liegt, sei es in Neubrandenburg, in Suhl oder eben wie hier in Berlin-Lichtenberg im Zentralarchiv.
Maximilian Schönherr: Und haben Sie das Album dann hierher geschickt bekommen oder gingen Sie nach Berlin, um es anzugucken?
Sascha Münzel: Teilweise kann man Akten, also das ist ja ein Fotoalbum oder auch große Karten, die kann man eben nur vor Ort im Lesesaal, auch für uns, nur anschauen und hab dann eben das relativ zügig, das ist auch schon ein paar Jahre her, als Digitalisat bekommen.
Maximilian Schönherr: Weiß man, wer auf dem Foto ist?
Sascha Münzel: Das weiß man relativ gut. Also wie gesagt, das sind ja - Sie sehen dort hier BStU Nr. 42, 43. Also da waren auch schon 40 Bilder vorher und ich glaube noch mal 20 Bilder nachher unter den Etappen. Der wichtigste Termin war natürlich auch, dass man zum SED-Chef gegangen ist. Also er war der eigentliche Chef hier im Bezirk Suhl und zu dem ging man natürlich auch.
Maximilian Schönherr: Oben auf der Burg?
Sascha Münzel: Nee, nicht auf der Burg. Der wurde besucht in der SED-Bezirksleitung, die Luftlinie nur einige hundert Meter von der Stasi Bezirksverwaltung, also im Volksmund die Burg genannt, in Suhl saß. Zu sehen ist beispielsweise der damalige Stasi-Chef im Bezirk Suhl, der Leiter der Kreisdienststelle Sonneberg und auch die Herren vom KGB, die kann man auch dann relativ gut dann herauslesen.
Maximilian Schönherr: Hier sehen wir in Ihrer Arbeit noch Brände und Havarien, und zwar 1986.
Sascha Münzel: Genau. Also, das war ja auch so eine wichtige Aufgabe der Staatssicherheit im Bereich der Wirtschaft Brände und schwere Havarien zu untersuchen. Das hat die Hauptabteilung IX gemacht oder auch die Hauptabteilung XVIII. Die hat das untersucht. Und hier in diesem konkreten Fall gab es einen Brand in Steinheid. Das war quasi ein Produktionsgebäude des VEB Thüringer Glasschmucks und da hat es, Sie hatten es richtig gesagt, im Mai 1986 einen Brand gegeben. Und zwar hat dort gebrannt die Belüftung an einem - das ist ein relativ langes Wort - Rundspritzautomaten. Dort wurden nämlich die Rohlinge der Kugel bespritzt. Und diese Abdämpfe, die gingen dann über ein Rohr nach außen und dieses Rohr hat sich quasi-, diese giftigen Dämpfe haben sich entzündet und hat dann quasi einen Brand verursacht-
Maximilian Schönherr: Das war also keine Sabotage?
Sascha Münzel: War keine Sabotage, wie natürlich MfS, aber auch Kripo erstmal immer mit als erstes gedacht haben. Und die Akten dokumentieren relativ gut, dass die Abteilung IX, also die Suhler Abteilung IX, da so ein bisschen die Regie führt im Hintergrund, da so ein bisschen die die Aufsicht hat, aber auch einen gewissen Teil der Ermittlungsaufgabe die Kriminalpolizei übernimmt. Und zwar auch dieses Kriminaltechnische Institut der DDR, die haben nämlich dann rausgefunden, dass es quasi eine mangelhafte Belüftung ist und wie das dann quasi gedämmt wurde und daraufhin auch der Brand entstand.
Maximilian Schönherr: Wie hat sich diese Christbaumkugel-Export-Geschichte entwickelt bis zur friedlichen Revolution? Also war das ein Aufstieg oder wurde das irgendwann völlig vergessen oder blieb das ziemlich konstant?
Sascha Münzel: Die Christbaumschmuckkugeln, dieses Sortiment - das sind ja nicht nur die Kugeln, das sind diese Spitzen, da sind Glocken, das sind Zapfen, Engel, das ist Trompeten, das ist ganz viel. - Die blieben eigentlich auch zu DDR-Zeiten sogenannte Bückware, also was man nicht so schnell einfach bekommen hat. Ich habe auch im Rahmen von einem Vortrag - also ich habe ein paar Mal schon über das Thema referiert, in Neuhaus, in Berlin, auf dem Campus für Demokratie und auch hier in Suhl - und da haben ja auch Bürger und Bürger gesagt, das konnte man auch als Tauschware quasi einsetzen, wenn man so ein schönes Sortiment hatte. Da gab es dann mal einen Satz Winterreifen oder so was in der in der Art. Natürlich hat bis zum Ende der DDR immer noch der Name gezogen. Das hatte ich ja schon mal gesagt, der Name zog immer und der Name zieht ja heute auch auch noch. Also Lauscha ist ja auch immer noch ein wichtiger Punkt. Da gibt es-, kann man über das ganze Jahr hinweg Christbaumschmuck kaufen, aber bis zuletzt hat er auch, wie viele Wirtschaftszweige auch, der Christbaumschmuck auch mit der DDR Mangelwirtschaft zu tun. Und es wurde auch von Seiten der Stasi immer wieder aufgeschrieben und auch immer wieder an ihren Auftraggeber, die SED, sei es die SED-Kreisleitung in Neuhaus oder auch an den SED Bezirkschef hier in Suhl, an den Hans Albrecht weitergegeben, aber die nahmen das quasi einfach nur zur Kenntnis. Und ja, bis zuletzt ging quasi der Hauptfokus für den Christbaumschmuck klar auf den westlichen Markt, denn da gab es eben diese harten Devisen.
Maximilian Schönherr: Also die Skepsis, die dann die Stasi auf den Plan rief, war anfangs sicherlich eine andere. Eben Abwanderung von Expertise nach Oberfranken. Und da musste man genau gucken, wer im Betrieb wackelt. Da musste wir einen genaueren Blick drauf werfen. Das hat sich ja dann völlig verschoben. Also eigentlich hatte, jetzt sage ich mal ins Blaue gesagt, 1975 die Stasi dann nicht mehr groß was zu tun.
Sascha Münzel: Genau. Also man kann das auch anhand von vielen Einschätzungen der Staatssicherheit relativ gut dokumentieren, dass in den 50er Jahren bis zu Anfang der 60er Jahre im Fokus steht: Es gibt quasi so ein Potenzial von Heimarbeiter oder von von Leuten, die dort in dieser Christbaumschmuckproduktion arbeiten, wo Familienmitglieder abgewandert sind. Und das ist so ein Potenzial für Diversion. Ja, das ist ja so so ein Slogan. Der wurde vor allem in den 50er, 60er Jahren sehr oft verwendet. Und die würden quasi Boykotthetze machen gegen die DDR, gegen diesen jungen Staat in Anführungszeichen und eben auch verantwortlich sein für Hetz-Losungen, wie das ja damals auch hieß, oder eben auch wie wir es eben gesehen haben für Brennen und Havarien. Das hat sich dann so ein bisschen gewendet dieses Blatt und dann so 70er, 80er Jahre war ganz klar der Fokus zu sehen: Behaltet jetzt bezogen auf die Konkurrenz in Oberfranken die oberfränkische Konkurrenz im Auge, weil die, so hatten die Wirtschaftsplaner irgendwie, ich weiß nicht über welche Quellen sicherlich durch einen IM herausgefunden, machte sich wohl stark für auch so ein Exportstopp in die in die Bundesrepublik. Und natürlich auch: Was haben die für Neuerungen in der Produktion, in der Verpackung? Und da war dann in den 70er, 80er Jahren eher der Fokus des MfS drauf.
Maximilian Schönherr: Die Mangelwirtschaft der DDR in den 1970er Jahren schlug sich, das weiß ich von dem Prozess gegen Elli Barczatis, auch in den Christstollen, den Dresdner Stollen nieder, weil einfach bestimmte Bestandteile nicht mehr da waren. Kann man das Defizit auf die auf die Christbaumkugeln übertragen von damals?
Sascha Münzel: Das kann ich explizit nicht sagen. Aber definitiv ist es so, dass die Christbaumschmuckproduktion eben auch mit diesen Engpässen der DDR Mangelwirtschaft zu kämpfen hatte. Das ist auch in den Akten, vor allem in den IM-Akten abzulesen, dass es hier und da auch mal Probleme gab mit diesem Stamm an Heimarbeitern, die gesagt haben: Wir arbeiten tagein tagaus in unserem Trott, aber es ist keinerlei Stimulation zu sehen. Und es ist wohl auch in den Akten zu erkennen, dass es hier und da auch mal eine kleine Arbeitsniederlegung gab.
Maximilian Schönherr: Also wenn in der DDR es keinen richtigen Kaffee mehr gab, gab es ja quasi einen unpolitischen Volksaufstand. Denn Kaffee brauchen wir auf jeden Fall. Der Stollen, das hatte ich den Eindruck, war so eingeprägt, gehörte so zum Weihnachtsgefühl dazu in Thüringen, Sachsen und dergleichen, dass das wirklich schon ein Einschnitt war. Das heißt, die Leute haben gelitten, echt gelitten, weil etwas zentrales fehlte: Der Stollen. Kann man von den Christbaumkugeln eigentlich nicht sagen.
Sascha Münzel: Also, es ist natürlich nicht so relevant wie die Rosinen für den Christbaumstollen oder das ich da irgendwas ersetzen muss mit karamellisierten Paprika dann in dieser DDR Mangelwirtschaft.
Maximilian Schönherr: Ich hatte Verwandte in der DDR, hätten die mir solche Kugeln besorgen und rüber schicken können? Denn es war immer wieder das Thema was können wir dir denn eigentlich in den Westen schicken? Und die schickten mir dann tolle Aufnahmen von klassischer Musik auf Schallplatte zum Beispiel oder Marx's "Das Kapital" in Lederfassung und so weiter. Hätten die mir auch Kugeln schicken können?
Sascha Münzel: Ja, hätte man definitiv mitnehmen können über die Grenze. Also würde ich sagen: Definitiv ja.
Maximilian Schönherr: Aber hätten Sie sie kaufen können? Also hätte meine Tante aus Elsterwerda, hätte die nach Lauscha fahren müssen oder wie wäre das gegangen? Sie dürfte ja nicht über die Grenze fahren, aber wir kamen jedes Jahr einmal zu Besuch.
Sascha Münzel: Da hätte man wahrscheinlich, ich weiß jetzt nicht, in der nächsten Kreisstadt mal schauen können, ob da eben in irgendeinem Laden Lauscha Christbaumschmuck im Angebot war. Also Sie hätte das de jure kaufen können und wahrscheinlich auch an sie schicken können, ja. Aber die Frage wäre eben gewesen, hätte Sie so was eben auch als Bückware deklariertes so einfach bekommen.
Maximilian Schönherr: Ja. Und wie war dann der normale Export in den Westhandel? War das über Neckermann so Großversandhäuser oder oder lief es über kleinere Kanäle?
Sascha Münzel: Solche Namen, wie Sie eben erwähnt haben, die habe ich in meinen Akten oder in den Akten, die ich für dieses Thema gesichtet habe, noch nicht gesehen. So etwas ja, was man jetzt so kennt. Also das war ja nicht nur, dass es in die Bundesrepublik ging, das waren Dutzende von Ländern, wo es hinging, auch Südamerika, Nordamerika, nach Europa, nach Frankreich, nach Österreich. Und das hatte wohl eher zu tun mit kleineren Exporteuren, die das dann für ihre Länder exportiert haben, diesen DDR Christbaumschmuck. Aber um noch mal auf Ihre Frage zurückzukommen zum großen Versandhändler, den habe ich da jetzt noch nicht gefunden in den Akten. Was aber nicht auszuschließen ist, dass DDR Christbaumschmuck in irgendeinem Otto-Katalog oder Quelle-Katalog oder Neckermann-Katalog zu finden war.
Maximilian Schönherr: Und die letzte Frage: War das volkswirtschaftlich relevant, also im Unterschied zum Export von Kühlschränken an Großversandhäuser im Westen?
Sascha Münzel: Ja, ich habe letztens erst gelernt von einem Kollegen, dass die DDR auch relativ gute Geschirrspüler hergestellt hat und die auch lange hielten, die auch in der Bundesrepublik gut abgesetzt werden konnten. Ich glaube nicht, dass der DDR Christbaumschmuck für das Bruttoinlandsprodukt der DDR so wichtig war.
Maximilian Schönherr: Das ist ein Premiumprodukt, also das ist teuer im Verhältnis.
Sascha Münzel: Definitiv. Ja, also wenn man da so ein Set kaufen wollte, das hat schon etwas gekostet. Wobei ich jetzt keine konkreten Preisangaben machen kann. Aber es war natürlich wie mit allem, was so ein bisschen höherwertig war, was einen wichtigen Namen hatte. Sobald es sich gelohnt hatte, das irgendwie in den Westen zu verkaufen, dann war es wichtig. Und da hatte eben sofort auch das MfS sofort, wenn irgendwelchen Außenhandelsbeziehungen involviert waren, auch seine Finger mit drauf. Und diesbezüglich ist es so ein zweischneidiges Schwert. Das war jetzt nicht irgendwie eine Schwerindustrie oder Automobilproduktion, wo man sagen könnte, das waren jetzt wirklich markante Summen, die da für den DDR Haushalt zustande kamen, gleichwohl aber eben auch eine wichtige Devisenquelle für die doch immer und stets klamme DDR-Wirtschaft.
Maximilian Schönherr: Und mit symbolischen Wert sowieso.
Sascha Münzel: Definitiv. Also Thüringer Christbaumschmuck hat, damals wie heute, einen guten Ruf und man sieht es ja auch, dass quasi auch die Atheisten von der SED und auch von der DDR Staats- und Parteiführung eben auch dies erkannten und ja auch diesen oder dieses Label Original Thüringer Christbaumschmuck eben weiterverwendet haben.
Maximilian Schönherr: Und was hängen Sie an ihren Christbaum zu Hause?
Sascha Münzel: Nur Lauscha, nur Erzeugnisse aus Lauscha. Definitiv.
Maximilian Schönherr: Ehrlich?
Sascha Münzel: Ja.
Maximilian Schönherr: Alte Produktionen?
Sascha Münzel: Auch schon, also teils teils ältere. Also so diese typischen Silberkugeln mit dieser Ornamentik drin. Lametta nicht mehr, aber eine Baumspitze und diese typischen silbernen Kugeln, die kommen bei uns an den Weihnachtsbaum.
Maximilian Schönherr: Die haben Sie aus DDR Beständen?
Sascha Münzel: Teilweise ja, teilweise aber eben auch neu gekauft. Und es gibt ja um Lauscha herum, in Steinheid, in Neuhaus, da genügend Verkaufseinrichtung, die die da wie gesagt auch im Sommer anbieten.
Maximilian Schönherr: Vielen Dank.
Sascha Münzel: Gerne.
[Jingle]
Dagmar Hovestädt: Das war ein Gespräch mit meinem Kollegen, dem Historiker Sascha Münzel, der seit 2012 im Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl arbeitet, ein Standort übrigens, der nun auch einer von 23 Standorten des Bundesarchivs ist.
Maximilian Schönherr: Und der mir nach unserem Gespräch sagte, wie wohl er sich in dem Team mit dieser Arbeit fühlt.
Dagmar Hovestädt: Dann wie immer zum Ausklang eine akustische Begegnung mit dem Archiv. Der ganz zufällig ausgewählte Schlusston aus den Audiobeständen des Stasi-Unterlagen-Archivs.
[Tonspulen]
Elke Steinbach: Mein Name ist Elke Steinbach und ich kümmere mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen um die Audio-Überlieferung des MfS. Heute hören wir einen Ausschnitt aus einer Produktion des Studios des Wachregiments in Berlin-Adlershof. Alkoholmissbrauch war wie im gesamten MfS auch im Wachregiment ein Problem und das nicht nur bei den Soldaten, wobei ausschließlich diese bei der Umfrage zu Wort kommen. Die Antworten geben zudem einen kleinen Einblick in die Freizeitgestaltung der Soldaten. Es fällt der Name Sport- und Erholungszentrum. 1981 in Berlin Friedrichshain eröffnet, war das SEZ ein sehr beliebtes Ziel bei Berlinern und Besuchern aus der ganzen Republik. Schwedische Architekten erbauten dieses Prestigeobjekt ähnlich dem Palast der Republik mit vielfältigen Sport- und Kultureinrichtungen sowie Restaurants. Aus dem 12 minütigen Beitrag hören wir gut 3 Minuten.
[Archivton]
[männliche Stimme 1:] Ich sehe Sie treffen hier gerade Ausgangsvorbereitungen. Wo geht es denn heute hin?
[männliche Stimme 2:] Nach Berlin-Zentrum.
[männliche Stimme 1:] Und was machst du da?
[männliche Stimme 2:] Auf jeden Fall erst mal einkaufen gehen.
[männliche Stimme 1:] Und was machst du abends?
[männliche Stimme 2:] Mal gucken, ob man was zu trinken und zu essen kriegt. Bisschen trinken ist immer gut.
[männliche Stimme 1:] Was heißt bei dir viel Alkohol?
[männliche Stimme 3:] Na ja, jedenfalls nicht so viel, dass man sich sinnlos die Birne vollkippt.
[männliche Stimme 1:] Wenn du viel trinkst, was heißt das bei dir?
[männliche Stimme 4:] Viel. So viel, dass man die Einsatzbereitschaft nicht wiederherstellen kann.
[männliche Stimme 1:] Gut. Und im Urlaub zu Hause. Wie viel trinkst du das so? Trinkst du überhaupt zu Hause?
[männliche Stimme 2:] Minimal. Nicht dolle. Es kommt ganz darauf an, es muss schon ein besonderer Anlass sein, sonst nicht.
[männliche Stimme 1:] Gehst du auch mal abends irgendwo in eine Gaststätte?
[männliche Stimme 5:] Na sicher. [unverständlich] ins Sport- und Erholungszentrum mal schön baden gehen heute und danach auch noch ein Bierchen trinken.
[männliche Stimme 1:] Ein Bierchen trinken. Ein Bierchen oder mehrere Bierchen?
[männliche Stimme 5:] Na mal sehen wie es heute so mit dem Wetter ist, wie man es verträgt. Wir werden sehen.
[männliche Stimme 1:] Wie viel verträgst du denn so?
[männliche Stimme 5:] Och, es kommt drauf an. Heute- Na ja, wir werden sehen.
[männliche Stimme 1:] Gib doch mal 'ne Kennzahl. Wie viel Bier trinkst du so am Abend, wenn du in den Ausgang gehst?
[männliche Stimme 5:] Oh, vielleicht Zehne, wenn es hochkommt, kleene.
[Musikausschnitt von "Der letzte Kunde" - Silly]
[männliche Stimme 1:] Und wie es bei dir? Was trinkst du? Trinkst du Bier?
[männliche Stimme 6:] Ja, ick trink auch Bier. Heute Nacht Wache wird's ein bisschen weniger sein. Ach, wir gehen heute ins Freizeiterholungszentrum, ein bisschen baden.
[männliche Stimme 1:] Nur Baden oder wird nen Abendbrot auch irgendwo gegessen?
[männliche Stimme 6:] Abendbrot wird zuerst gegessen, das ist klar.
[männliche Stimme 1:] Und so abends in die Kneipe gehter nicht.
[männliche Stimme 6:] Na doch, klar. Ab und zu auch mal, muss sein. [lacht]
[männliche Stimme 1:] Oder im Urlaub zu Hause geht ihr da auch mal einen trinken oder seid ihr dann nur zu Hause?
[männliche Stimme 6:] Na, Disco so. Wenn wir in Discos sind, trinken wir auch mal einen.
[männliche Stimme 1:] Wie viel trinkt er denn so? Du zum Beispiel am Abend?
[männliche Stimme 6:] Weiß ich jetzt nicht so. Je nachdem, wie es kommt.
[männliche Stimme 1:] Na, 1 Bier, 5 Bier, 10 Bier?
[männliche Stimme 6:] Na ja, zwischen 5 und 10, ne.
[männliche Stimme 1:] Trinken auch noch Leute andere Sachen außer Bier bei euch? Wie ist das bei euch so?
[männliche Stimme 6:] Pfeffi und-, und-, und Frucht.
[männliche Stimme 1:] Und wie viel trinkst du da so?
[männliche Stimme 6:] Pfeffi? Naja, so dreie.
[männliche Stimme 1:] Warst du schonmal betrunken?
[männliche Stimme 6:] Ich? Ach wo, noch nie.
[männliche Stimme 1:] Was heißt denn bei dir "ein bisschen"?
[männliche Stimme 7:] Na ja, geradeaus laufen noch. Und das wa noch alles mitkriegen von dem ganzen Geschäft.
[männliche Stimme 1:] Hast du schon mal Alkohol getrunken?
[männliche Stimme 8:] Na, aber natürlich.
[männliche Stimme 1:] Aber nicht allzu viel?
[männliche Stimme 8:] Nee. Na ja doch, in den damals in großen Mengen noch.
[männliche Stimme 1:] Was ist bei dir damals und große Mengen?
[männliche Stimme 8:] Während der Lehre.
[männliche Stimme 1:] Was heißt eigentlich bei dir viel trinken?
[männliche Stimme 8:] Na, viel trinken, so an die 5 Bier und ein paar Schnäpse dazu.
[männliche Stimme 1:] Trinkst du viel Bier?
[männliche Stimme 9:] Joa, es reicht zu.
[männliche Stimme 1:] [Unverständlich] Und gibt dir das was im Ausgang mal so in die Kneipe zu gehen?
[männliche Stimme 9:] Nö, eigentlich nö, aber manchmal weeß man eben doch nicht, was man machen soll, na ja.
[männliche Stimme 1:] Und da gehst du einfach so in die Kneipe, ja?
[männliche Stimme 9:] Nö, da gehste - ähm - ja, nicht bloß so in 'ne Kneipe. Geht man rein, essen und Bier trinken und na ja, dann gehst du eben Disco oder Kino was suchen, wow auch immer was is.
[schnelles Tonspulen]
[Jingle]
Sprecher: Sie hörten:
Sprecherin: "111 Kilometer Akten -
Sprecher: den offiziellen Podcast des Stasi-Unterlagen-Archivs."
Auf dieser Seite finden Sie eine Bestandsübersicht zu den Unterlagen der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Suhl.
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